Archiv Rundbrief
Liebe Friedensengagierte!
Seit 25 Jahren verbringe ich gemeinsam mit einer Spielgemeinschaft die Zeit „zwischen den Jahren“ mit dem Einstudieren und Aufführen des Dreikönigsspiels in der Freien Waldorfschule in Saarbrücken Altenkessel. Das Dreikönigsspiel ist der letzte Teil einer Trilogie (Paradeisspiel Christgeburtsspiel) von volkstümlichen Spielen, deren Ursprünge bis in das 13. Jahrhundert zurückreichen. Im Dreikönigs-spiel entfaltet sich eine mitreißende und teilweise schockierende Dramatik, die durch die Polarität von Gut und Böse, Hell und Dunkel entsteht. Zunächst erleben die Zuschauer die drei Heiligen Könige auf der Suche nach dem Christuskind im Stall von Bethlehem und eine heilig getragene, religiöse Stimmung, die in der Anbetungsszene größte Vertiefung erfährt. Im Gegensatz dazu steht König Herodes, den ich in diesem Spiel verkörpere, als eine Figur, dessen Königtum nicht auf innerer Größe, sondern auf Macht gebaut ist, deren Zweck die Mittel heiligt. Das Publikum wird ständig in diese gegensätzliche Stimmung versetzt, deren Wechsel sich zum Schluss hin dramatisch beschleunigt. Nach dem tiefsten moralischen Fall des Herodes und dessen Befehlsempfänger steht die Kumpanei schließlich auf und singt: Seid fröhlich und jubilieret, Christus dem Messias.
Für mich ist in dem Spiel ein Bezug zu Zeitereignissen deutlich zu spüren. Die Geschichte des Kindermordes als ein Symbol für die Zerstörung menschlicher Zukunftsperspektive, hat auch heute immer noch grausame Aktualität.
In dem Spiel hält der Hauptmann des Herodes dem Protest gegen den Kindermord aus den eigenen Reihen entgegen: „Ist es nicht besser, dass die kleinen Kinder sterben, als dass wir allesamt mit ihnen verderben!“
Nein, nein und nochmals nein! Das ist in keinem Fall besser! Angst um die eigene Herrschaft, im Spiel symbolisiert durch Krone, Zepter und Geld (Macht, Ansehen und Reichtum), heiligt nicht die Mittel, bringt keine lebenswerte Zukunft, sondern Leid, Not und Verderben.
Die heiligen drei Könige erkennen mit ihrem weisen Schauen die Ankunft von etwas gänzlich Neuem und bringen dieser erlösenden Zukunftskraft in großer Ehrfurcht ihr Opfer, Gold, Weihrauch und Myrrhe, die wahren Insignien des Menschseins, edler Wert, Gottesverehrung, Verletzlichkeit und Sterblichkeit.
Mit dieser frohen Botschaft gehe ich ins neue Jahr und fühle mich in meiner Arbeit für den Frieden ermutigt. Wie die Könige dürfen und können auch wir in einer Verbindung von Wissenschaft, Herzensliebe und Opfermut, eine positive Kraft entwickeln und uns den Zerstörungskräften unserer Zeit entgegenstellen.
So war ich schon gegen den weiter eskalierenden Krieg im Nahen Osten auf der Straße, werde mich weiter mit der Möglichkeit eines Atomkrieges beschäftigen, im Wirtschaftsseminar Theologie des Paulus und Kapitalismuskritik bedenken und die neu gegründete Arbeitsgruppe Ökonomie und Ökologie von pax christi begleiten.
Wir sehen uns
Hope, Geistlicher Beirat
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Kontakte Diözesanverband Trier:
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Berichte und Hinweise
„FriedensKlima“ – lautet das Motto der diesjährigen, 39. Ökumeni-schen FriedensDekade vom 27.09.-10.10. Mit dem Motto ist die glo- bale Herausforderung an unsere industrialisierte und wohlhabende Welt benannt. Frieden, Klima und Gerechtigkeit sind nicht vonein-ander zu trennen. Am 27. Wurde die Dekade in St.Pius, Saarwellingen, eröffnet. Am Tag darauf wurde der Aktionstag mit Information, Ausstellung „FriedensKlima“, Wortbeiträge, Film gestartet. Zahlreiche Aussteller standen Rede und Antwort, u.a. die Workshopgruppe Atelier Andruet, Pax Christi, FriedensNetz Saar, Ökumenisches Netz Rhein-Mosel-Saar, ForumNalbach/Nalbach. Nachhaltig. Im Laufe der Woche gab es dann noch eine Reihe von Diskussionsveranstaltungen angefangen von einem politischen Nachmittag zum Thema bis zum Referat über den Zusammenhang von Krieg und Frieden und dem Klimawandel. Ein ökumenischer Gottesdienst schloss die Woche ab.
Im Rahmen des Sozialforums Koblenz hatte am 24.09. die Prozess-kampagne Wider§pruch mit Unterstützung der Katholischen Hoch-schulgemeinde Koblenz und dem Ökumenischen Netz zur Informa-tions- und Diskussionsveranstaltung „Vom Atomwaffenlager in den Gerichtssaal – Ziviler Ungehorsam gegen Atomwaffen vor Gericht“ eingeladen. Anlass war die Berufungsverhandlung vor dem Land-gericht Koblenz am 25.9.2019 gegen vier Atomwaffengegner *innen, die mit weiteren Aktivistinnen und Aktivisten in Büchel 2016 die Landebahn als Akt des zivilen Ungehorsams betreten und für mehr als
eine Stunde besetzt haben.
Am Vorabend des Prozesses wurden die fortgesetzte Völkerrechts-widrigkeit der Atom-Waffenstationierung und der deutschen „Nu-klearen Teilhabe“ vor 30 Teilnehmern kritisch beleuchtet. Juristische Experten diskutierten darüber, ob und wie in solchen Prozessen Aktionen zivilen Ungehorsams gerechtfertigt werden können. Welche Möglichkeiten und Chancen bestünden, durch Rechtsmittel die Obergerichte dazu zu bringen, die Völkerrechtswidrigkeit der Atom-waffenpolitik festzustellen und den zivilen Ungehorsam zu recht-fertigen? Damit könnte die Bundesregierung genötigt werden, die „Nukleare Teilhabe“ Deutschlands zu beenden und endlich den Bundestagsbeschluss über den Abzug der Atomwaffen aus Deutschland aus dem Jahre 2010 umsetzen.
Am 22.11. stellten zwei Vorstandsmitglieder der Friedensinitiative „Ad pacem servandam“ aus Luxemburg in einer Vorstandssitzng der Bistumsstelle vor. Die Initiative « Pour la Paix et contre la Guerre » („Für den Frieden und gegen den Krieg“) ist im Februar 2015 als Folge des Krieges in der Ostukraine entstanden. Es wurden direkte Kontakte mit Opfern und Binnenflüchtlingen hergestellt und konkrete Hilfe geleistet. Dieser Krieg hat den Initiatoren jedoch vor Allem zu verstehen gegeben, dass in Europa die seit Ende des Zweiten Weltkrieges andauernden Zeiten des Friedens vorüber sind. Kriege werden auch in Europa wieder möglich. Dies hat sie dazu bewogen, am 11. Juli 2017 den Verein zu gründen. Seine Zielsetzungen sind: 1. Opfern und Flüchtlingen von Konflikten und Kriegen in Europa helfen mittels Solidaritäts- und Unterstützungsaktionen. 2. Eine Friedens-kultur fördern durch Information und Sensibilisierung in den Medien und im öffentlichen Raum. 3. Sich bei Instituten und wissen-schaftlichen und anderen Experten zu informieren (vgl. Bild hinten), die gewaltlose Lösungen gegen die Konflikte ausarbeiten und vorschlagen, sowie aktiv deren Verbreitung unterstützen.
Die Beiden informierten über ihre Veranstaltungen besonders auch mit Schülern. Unsere Bistumsstelle hat andere Schwerpunkte, deswegen müssen künftige Kontakte ausgelotet werden. Möglich-keiten könnten sich diese über das Atelier Mario Andruet ergeben.
In der obigen Vorstandssitzung billigte der Vorstand auch für drei Jahre ein gemeinsames Projekt der KAB im Bistum Trier, dem Ökumenischem Netz und der Bistumsstelle pax christi. Inhaltliches Grundanliegen des Projekts ist eine radikale Kapitalismuskritik. Dabei geht es um die Verbindung kritischer Analyse unserer kapitalistisch geprägten Gesellschaft mit kritischer biblisch-theologischer Reflexion und der damit verbundenen Unterscheidung zwischen Gott und Götzen.
Es sollen Orte zum Nach- und Weiter-Denken entwickelt werden. Die drei Partner erhoffen sich von dem Projekt eine Bündelung vorhandener sowie Erschließung neuer Ressourcen. Eine Anschubfinanzierung wurde ebenfalls beschlossen. Je ein Vertreter der KAB, des Ökumenischen Netzes und unserer Bistumsstelle werden das Projekt koordinieren.
Am 12.12. fand wiederum im Atelier Andruet eine Veranstaltung „Kunst trifft Krise“. Nach der Vorstellung eines Bildes von Mario wurde diesmal der Text von Robert Kurz „Totalitäre Ökonomie und Paranoia des Terrors“ vorgestellt und diskutiert.
Im Atelier Mario Andruet fand am 3. Advent eine besondere Advents-feier ein. Bei Weihnachtsgebäck und warmen Getränken wurde passend zur Weltklimakonferenz in Madrid der Film „Danke für den Regen“ angesehen. Der Film zeigt den verzweifelten Kampf des kenianischen Bauern KisiluMusya gegen den Klimawandel und dessen verheerenden Auswirkungen auf sein Dorf, die Agrarwirtschaft und die Ernährung der Menschen vor Ort. Hier zeigt sich sehr einpräg-sam die Notwendigkeit, dass alle Menschen dieser Erde Einfluss auf alles haben, was im Zusammenhang mit dem Klimawandel passiert.
Neben dem Hinweis auf den Ostermarsch in Büchel (vgl. unter Atom-waffen) soll hier auch auf den Ostermarsch in Saarbrücken am Karsamstag hingewiesen werden. Er steht unter dem Thema: Lasst das Klima in Frieden! Abrüstung jetzt! Im Aufruf heißt es unter anderem: Der atomaren Aufrüstung durch neue Mittelstreckenraketen und der ständigen Erhöhung der Rüstungsausgaben muss Einhalt geboten werden. Wir brauchen eine Spirale der Abrüstung, um die Kriegsgefahr zu verringern. Ein System der gemeinsamen Sicherheit muss geschaffen werden. Die Bundesregierung muss dem UN-Vertrag zum Atomwaffenverbot zustimmen. Rüstung und Krieg sind ein Verbrechen an der Menschheit. Jeder Euro, der in Rüstung und Militär gesteckt wird, gefährdet die Zukunft des Planeten.
Zeit für einen grundlegenden Wandel
Angesichts des völlig unzureichenden Klimapaketes der Bundes-regierung und der vagen Absichtserklärungen auf dem Klimagipfel der UN haben die international überwältigenden Demonstrationen am 20. September gezeigt, dass den Menschen die Beruhigungspillen der politisch Verantwortlichen nicht reichen. Bei pax christi Trier teilen wir Ihre Enttäuschung und ihren Protest.
Selbst auf der symbolischen Ebene - vgl. die Anreisemodalitäten der Bundesregierung zur UN - gelingt es nicht, die Menschen für neue Verhaltensmuster zu gewinnen.
Solange wir in einer Weltgesellschaft leben, in der die Vermehrung von Reichtum, Besitz, Geldkapital eigentliches Ziel menschlichen Handelns vor allen andern Aufgaben und Bedürfnissen ist, werden Demonstrationen, Kampagnen und individuelles Handeln in Wirtschaft und Politik keine humanen und ökologischen Perspektiven nachhaltig durchzusetzen können. Wir brauchen einen radikalen „System Change“ zu einem System, in dem die Grundbedürfnisse von Menschen und Natur Vorrang haben vor allem anderen. Der Einsatz von pax christi im Bistum Trier in Gesellschaft, Kirche und Politik soll zeigen, dass wir dafür eintreten und dafür bereit sind. Ob das dazu führt, dass in einem demokratischen Mehrheitsprozess ein solcher Systemwechsel stattfindet, was wir hoffen aber nicht wissen, oder doch eine Revolution oder ein Zusammenbruch diesen Wechsel herbeiführt, ist offen. 27.09.19 Vorstand pax christi im Bistum Trier
Hass und Gewalt sind tödlich
Für unsere Bistumsstelle pax christi Trier ist es unerträglich, dass Juden in Deutschland wieder in Angst und Schrecken leben müssen, wie es am 09.10.19 in Halle für die in der Synagoge zum Gebet versammelten Besucher Wirklichkeit wurde, als ein bewaffneter Mann dort eindringen wollte. Wir sind entsetzt über das zu Tage getretene rassistische und antisemitische Weltbild des Täters und seine kriminelle Energie, die zwei Menschen den Tod brachte und zwei weitere schwer verletzte. Ihnen, Ihren Angehörigen und der verängstigten jüdischen Gemeinde gelten unser Mitgefühl und unsere Solidarität.
Offensichtlich hat der Täter sich an der Mordaktion von Christchurch und anderen rechts-extremen Tätern orientiert. In einem Video behauptet er, den Holocaust habe es nicht gegeben. Zu seinem Motiv für den Anschlag sagt er, Feminismus führe zu weniger Geburten, deswegen gebe es Masseneinwanderung – und hinter all diesen Problemen stecke “der Jude”.
Wir erinnern heute wieder an unsere Stellungnahme vor einem guten Jahr zu den damaligen Ereignissen in Chemnitz und betonen nochmals:
„Dieser ungebremste Antisemitismus, der sich besonders in den sozialen Netzwerken generiert, wird als existentielle Bedrohung empfunden. Offensichtlich bricht jetzt aggressiv aus, was schon lange schwelte. Antisemitische Vorurteile, Ressentiments und Stereotype in ihrer jahrhunderte-alten Geschichte kennzeichnen die Moderne. Deren kapitalistische Gesellschaftsform bietet in ihren Krisen immer wieder Anknüpfungspunkte, diesem virulenten Antisemitismus zum Ausbruch zu verhelfen.“
„pax christi im Bistum Trier tritt angesichts der jüngeren deutschen Geschichte mit dem kollektiven Mord der Juden (Shoa) dafür ein,
· dass Juden wie auch andere Minderheiten ohne Angst vor Diskriminierung und Bedrohung in Deutschland leben können,
· dass die Kirchen sich in aller Deutlichkeit von diesen Tendenzen distanzieren und sich öffentlich in Verlautbarungen und Gottesdiensten mit ihren jüdischen Mitbürgern solidarisieren – es darf in den Kirchen, deren Botschaft ihre Wurzeln im Judentum hat, nicht geschwiegen werden, wenn Juden diskriminiert, attackiert oder in sonstiger Weise an den Pranger gestellt werden,
· dass Politik es nicht bei verbalen Verurteilungen von Antisemitismus belässt, sondern Gegenstrategien entwickelt,
· dass Lehrer und Schulleitungen das Thema Antisemitismus im Unterricht bearbeiten und bei entsprechenden Vorkommnissen intervenieren, um die Vorurteile aufzubrechen,
· dass in sozialen Gruppierungen, die für Judenfeindlichkeit besonders anfällig sind, ein offener Dialog initiiert wird, der auch deren sozialpsychologische Situation in den Blick nimmt,
· dass in der Öffentlichkeit besonders auch in den Medien der Unterschied von freier Meinungsäußerung und Diskriminierung konsequent thematisiert wird.“
11.10.19 Vorstand pax christi im Bistum Trier
Atomwaffen
Auf der Delegiertenversammlung 2019 wurde Bischof Algermissen als bisheriger Präsident der deutschen Sektion von pax christi gebührend verabschiedet. Hier soll an seine Präsidentschaft mit den deutlichen Worten erinnert werden, die er zum Besitz und Einsatz von Atom-bomben gefunden hat. In seiner Erklärung vom 03.08.15 heißt es:
„70 Jahre nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki ist es geboten, nicht nur den Einsatz von Atomwaffen als unmoralisch zu verurteilen, sondern auch deren Besitz zu ächten und so auf die Abschaffung der Atomwaffen generell zu drängen. pax christi unterstützt die Position einer vatikanischen Stellungnahme vom Dezember 2014, die in der Abschaffung der Atomwaffen die Grundlage für kollektive Sicherheit sieht. Nukleare Abschreckung ist in einer multipolaren Welt kein Stabilisator, sondern ein Anreiz für Staaten geworden, eigene Atomwaffenprogramme zu entwickeln.
Es wird zwar gesagt, dass in all den Jahrzehnten des Kalten Krieges nukleare Abschreckung einen Atomkrieg zwischen den Weltmächten verhindert habe, aber diese Abschreckungspolitik hat der Welt auch einen genuinen Frieden vorenthalten und sie dem anhaltenden Risiko einer nuklearen Katastrophe ausgesetzt. Dazu kommt, dass seit dem Ende des Kalten Krieges enorme Summen in die Modernisierung der Atomwaffen gesteckt werden. Dieses Geld könnte viel besser verwendet werden, Not und Elend zu verhindern, die Situation von Menschen in Krisengebieten zu verbessern und somit eine Politik zu betreiben, die Frieden in Gerechtigkeit ermöglicht. Denn „während man riesige Summen für die Herstellung tödlicher Waffen ausgibt, kann man nicht genügend Hilfsmittel bereitstellen zur Bekämpfung all des Elends in der heutigen Welt“ (2. Vat. Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et spes, Nr. 81).“
Bei seinem Besuch in Japan hat Papst Franziskus am 24.11.2019 in Hiroshima eindrücklich betont, das sowohl der Besitz als auch der Einsatz von Atomwaffen nicht zu rechtfertigen sind. Er sagte:
„Aus tiefer Überzeugung möchte ich bekräftigen, dass der Einsatz von Atomenergie zu Kriegszwecken heute mehr denn je ein Verbrechen ist, nicht nur gegen den Menschen und seine Würde, sondern auch gegen jede Zukunftsmöglichkeit in unserem gemeinsamen Haus. Der Einsatz von Atomenergie zu Kriegszwecken ist unmoralisch, wie ebenso der Besitz von Atomwaffen unmoralisch ist, wie ich schon vor zwei Jahren gesagt habe. Wir werden darüber gerichtet werden. Die neuen Generationen werden unser Scheitern verurteilen, wenn wir zwar über Frieden geredet, ihn aber nicht mit unserem Handeln unter den Völkern der Erde umgesetzt haben. Wie können wir von Frieden sprechen, während wir an neuen, furchtbaren Kriegswaffen bauen? Wie können wir über Frieden sprechen, während wir bestimmte illegale Handlungen mit diskriminierenden und hasserfüllten Reden rechtfertigen?“
Schon bei der Friedensandacht am 06.07.2017 hatte sich Bischof Ackerman als damaliger Präsident von Justitia et Pax diese Position bei seiner Predigt vertreten. Er wies daraufhin, dass die Frist für die Abschaffung der Atomwaffen, die das Hirtenwort „Gerechtigkeit schafft Frieden“ der Politik noch gewährt hatte, abgelaufen ist. Eine Sicherheitsarchitektur mit Atomwaffen sei nicht mehr zu verantworten. Auch die EKD-Synode 2019 fordert in ihrer Kundgebung die Bundes-regierung auf, „konkrete Schritte einzuleiten mit dem Ziel, den Atomwaffenverbotsvertrag zu unterzeichnen.“
Diese kirchlichen Stellungnahmen werden zurzeit des Öfteren als der deutlichste Widerspruch gegen die atomare Rüstung wahrgenommen. Sie unterstützen damit absolut eindeutig das Verbot der Atomwaffen durch die Vereinten Nationen vom 07.07.2017, dem 130 Staaten zustimmten und das inzwischen ratifiziert wurde. Allerdings haben weder das Verbot der Atomwaffen noch die deutlichen Stellung-nahmen die Akteure zu irgendeiner Anstrengung veranlasst, diese Waffen zu beseitigen. Im Gegenteil, es wird weiter aufgerüstet und gezündelt. Die Staaten mit Atomwaffen angefangen bei den USA, Russland und China erneuern das entsprechende Arsenal, Verträge, die den Einsatz der Waffen beschränkten, wurden gekündigt (vgl. INF). Allein die USA haben für die Modernisierung und Aufstockung ihres Atomwaffenarsenals in den kommenden Jahren 1000 Milliarden US-Dollar eingeplant. Staaten wie Nordkorea oder der Iran, die formell durch den Atomwaffensperrvertrag betroffen sind, entwickeln Waffen bzw. ihren Einsatz, um politischen Machtpoker nicht ins Abseits zu geraten. Aufgrund der zunehmenden internationalen Spannungen und der dazugehörigen Feindbildpflege hält neuerdings sogar ein erheblicher Teil der deutschen Bevölkerung einen nuklearen Schutzschirm für sinnvoll.
Die Bundesrepublik hält an der atomaren Teilhabe fest und stützt damit den Standort Büchel. Nicht selten wird das Argument ins Spiel gebracht, dass ohne Mitwirkung einer breiten Basis von Ländern mit Atomwaffen ein eigenes Vorangehen nutzlos sei. So äußerte sich gerade noch Außenminister Maas beim Besuch in Hiroshima: „Wir brauchen, was die atomare Abrüstung angeht, vor allen Dingen Ver-einbarungen auf breiter Basis, nicht nur in einzelnen Ländern.“ Weil die Länder mit Atomwaffen dem Verbotsvertrag nicht beigetreten seien, wäre es nicht sinnvoll den Vertrag zu zeichnen. So wird eigene Verantwortung erst mal verschoben. Sevim Dagdelen, die abrüstungs-politische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag, kritisiert diese Haltung deutlich: „Statt mit gutem Beispiel bei der Abrüstung voranzugehen, unterstützt die Bundesregierung mit ihrem folgenlosen Gerede den atomaren Aufrüstungswahnsinn der USA, die eine Billion Dollar für die Modernisierung ihrer Massenvernichtungswaffen aus-geben. Nur wer selbst bereit ist, auf Atomwaffen zu verzichten, kann von anderen verlangen, dass sie dies auch tun.“ Auch der ehemalige sowjetische Staatspräsident Michail Gorbatschow warnt eindringlich. Solange Massenvernichtungswaffen, vor allem Atomwaffen, exis-tierten, seien die derzeitigen Spannungen zwischen Russland und dem Westen „kolossal“ gefährlich. Alle Nationen sollten erklären, dass nukleare Waffen zerstört werden müssten, so Gorbatschow.
Die Ankündigung des nordkoreanischen Präsidenten zum Jahres-wechsel das Testmoratorium von Atomwaffen auszusetzen und die faktische und verbale Eskalation zwischen den USA und dem Iran verschärfen die Bedrohungslage neu. Letzterer hat angekündigt, keinerlei Beschränkungen des Atomprogramms mehr einzuhalten.
Die angesprochenen Verhältnisse fordern die Friedensbewegung heraus, auch 2020 in Büchel für die notwendige Abrüstung der Atom-waffen zu demonstrieren. Mit dem Rückenwind der Verleihung des Aachener Friedenspreises im September 2019 an den "Initiativkreis gegen Atomwaffen" und die Kampagne "Büchel ist überall - atomwaffenfrei. jetzt!" können die Demonstrationen in das neue Jahr gehen. Die Proteste des Jahres 2019 in Büchel wurden am Tag der Menschrechte, dem 10.12., auf der Friedenswiese mit einer Mahn-wache abgeschlossen. Die 20-Wochen-Aktions-Präsenz 2020 wird am 26.03. eröffnet. Für diese Aktionszeit vom 26. März an sind wie auch in den vergangenen Jahren einige besondere Veranstaltungen schon in der Planung. Zum Auftakt will Arun Gandhi (vgl. den Hinweis auf sein Buch), der Enkel von Mahatma Gandhi kommen, wenn seine körperliche Verfassung es ihm ermöglicht. Beim Ostermarsch am 13.April wird unter anderem Prof. Bläsius von der Universität Trier sprechen, der zum Thema "Atomkrieg aus Versehen" forscht. Am 27. April ist eine Menschenkette geplant. Der Aktionstag der Kirchen wird am 6. Juni sein. Die Predigt im Gottesdienst hält Dr. Anette Kurschus, Präses der Landeskirche Westfalen. Albert Hohmann
Hinweis auf Arun Ghandis Buch „Wut ist ein Geschenk“ (Dumont oder auch als Taschenbuch)
Arun ist zwölf Jahre alt. Sein freundlicher Großvater – Bapuji genannt – ist ein weltberühmter Mann. Er wird für seine Botschaft des Friedens und der Gewaltlosigkeit von Millionen Menschen verehrt. Sein Großvater ist Rechtsanwalt, politischer Führer, Asket und einiges mehr. Und trotzdem schenkt der berühmte Großvater Arun jeden Tag eine Stunde Zeit, um mit ihm zusammen zu sein, zu reden und Handarbeiten (!) zu machen. Seinen pubertären Dummheiten und seiner Wut über die Welt begegnet er mit an Geiz grenzender Prinzipientreue. Gleichzeitig ist er voller Liebe und sogar Albernheit. Er gibt dir 10 Lektionen. 10 Lektionen in Gewaltlosigkeit und Mitgefühl.
Der Enkel Arun ist heute 84 Jahre alt und hat die Geschichte aufgeschrieben. Gandhis Enkel Arun wuchs in Südafrika auf. Seine Kindheit war von den dortigen Rassenauseinandersetzungen geprägt. Er war ein wütender und aufbrausender Teenager. Seine Eltern brachten ihn deshalb 1946 mit dem Schiff zu seinem Großvater Mahatma Gandhi in dessen Ashram nach Indien.
Was Arun dort erlebt und für sein Leben lernt, erzählt er in seinem Buch „Wut ist ein Geschenk“. Es sind Episoden aus dem Alltag in dem abgeschiedenen Meditationszentrum, Anekdoten und geschichtliche Hintergründe über seinen berühmten Großvater, die er zu den Lektionen zusammengefasst hat.
Enkel Arun übersetzt die Botschaft des großen Friedensstifters Gandhis in die heutige Zeit. Es geht um Gewaltfreiheit, Gelassenheit, Wahrheit, Gleichheit aller Menschen und Religionen, Vergeudung von Ressourcen. Und es geht darum, was es heißt, mit Liebe zu erziehen. In einer Rezension heißt es: „Ich kannte Mahatma Gandhi bisher fast nur dem Namen nach und bin von seinen Gedanken und denen seines Enkels so beeindruckt, dass ich das Buch in relativ kurzem Abstand gleich zweimal gelesen habe. Das ist mir noch nie passiert. Dafür habe ich eine Idee bekommen, was ich mit meiner eigenen Wut anfangen kann. Etwas Sinnvolles und Friedliches.“ (SWR3)
Veröffentlichungen des Ökumenischen Netzes
Auf zwei Erklärungen und zwei Broschüren des Ökumenischen Netzes Rhein-Mosel-Saar im Jahr 2019 wird nachfolgend hingewiesen und deren Intention mit einigen Zitaten dokumentiert.
1. Primat der Erkenntnis. Zur Bedeutung von ‚Lehr- und Lernhäusern‘ als Orte unterbrechender Reflexion Erklärung des Vorstandes und der Geschäftsführung 24.09.2019
Zum Hintergrund dieser Erklärung heißt es: „In Saarbrücken finden sich seit 2018 ChristInnen an einem neuen ‚Kirchort’ zusammen, um theologisch und gesellschaftskritisch über zahlreiche soziale, ökolo-gische, politische und kirchliche Probleme nachzudenken, die uns in unseren Tätigkeitszusammenhängen von Kirche(n), Kommunen, Sozi-aleinrichtungen und sozialen Bewegungen begegnen. Die jüdische Tradition des Lehrhauses[1] hat die Teilnehmenden dazu inspiriert, diesem Vorhaben den Namen „Lehr- und Lernhaus“ zu geben. Das Ökumenische Netz möchte die Bedeutung dieses Vorhabens, das im Rahmen eines „diakonisch Kirche-Werdens“ der Trierer Bistums-synode auch in anderen Regionen ‚ökumenisch im weitesten Sinne’ umgesetzt werden könnte, mit diesem Text hervorheben.“
Mit der Geschichte der Jünger auf dem Weg nach Emmaus wird verdeutlicht, „dass der Messias Jesus nur durch die Lektüre der „gesamten Schrift“ (Lk 24,27) als des Ersten (und zweiten) Testa-ments zu verstehen ist und Wege der Nachfolge zu finden sind. Die Schrift muss gelesen und interpretiert werden.“ … „Dafür ist das gemeinsame Lesen und Suchen nach Interpretation wichtig. Dies ist kein abgeschlossener Prozess, sondern muss immer wieder neu geschehen, weil die Schrift in sich verändernden, geschichtlichen Verhältnissen zu Wegen der Befreiung inspirieren will. Deshalb gehört zum Umgang mit Texten der Schrift sowohl die Frage nach den ge-schichtlichen Kontexten, in denen sie entstanden sind als auch die Frage nach den aktuellen geschichtlichen Verhältnissen, in denen ihre befreienden Erinnerungen zur Geltung kommen sollen.“ … „Daher knüpfen wir an die Tradition des Lehrhauses an. Damit setzen wir einen notwendigen Akzent in einer Gesellschaft, in der sich viele im Verzicht auf kritische Reflexion des gesellschaftlichen Ganzen in der nicht begriffenen komplexen gesellschaftlichen Krise in Pragmatismus und Populismus flüchten, der sich immer öfter auch in Autoritarismus, Rechtsextremismus, Rassismus, Sexismus und Antisemitismus ausdrückt.“
Die Gegenwart wird als eine „Gesellschaft ohne Reflexion auf ihre Grundlagen“ gesehen. „Die Wirklichkeit wird zu einer geschlossenen Immanenz. Bejaht wird die Welt, wie sie ist. Auf der Handlungsebene zeigt sich diese Problematik in Pragmatismus und Populismus. Beide Orientierungen sind nicht dazu in der Lage, den Zusammenhang gesellschaftlicher Verhältnisse zu denken bzw. in Frage zu stellen. Folglich können sie auch nur im Rahmen der unkritisch voraus-gesetzten Verhältnisse handeln. Dabei stoßen sie an die Grenzen, die mit der Krise der kapitalistischen Gesellschaft gesetzt sind. Werden diese nicht kritisch reflektiert, kann sich ein ohnmächtiger Pragmatismus schnell mit Populismus und Rechtsextremismus vermischen. Beide verbindet die reflexions- und theoriefeindliche Weigerung, sich mit dem Ganzen der herrschenden Verhältnisse kritisch auseinanderzusetzen. Bekräftigt wird damit die kapitalistische Gesellschaft, die in ihrer finalen Krise das Leben von Menschen und die Grundlagen allen Lebens zerstört.“ …
„Das angestrebte „Lehr- und Lernhaus“ in Saarbrücken soll ein (‚Kirch’-)Ort sein, an dem das, worunter Menschen zu leiden haben, zur Sprache kommt und zum Gegenstand kritischer Reflexion im Blick auf den Zusammenhang einer zerstörerischen kapitalistischen Gesell-schaft wird…. „Es geht um das ‚Primat der Erkenntnis’ (H. Böttcher/H. Buchen) im Blick auf Gesellschaft und Theologie.“
„Wer darauf verzichtet, die Frage nach dem Ganzen zu stellen, wird nicht nur theorie-, sondern als Kirche auch theologie-los. Dafür, dass das Leben von Menschen im Zusammenhang mit dem gesellschaft-lichen und geschichtlichen Ganzen gesehen wird, steht die Frage nach Gott. Sie bezieht sich auf das Ganze der Wirklichkeit – sowohl auf die gesellschaftliche Wirklichkeit als auch auf die Welt als Ganzes (als Schöpfung und Geschichte). Sie impliziert ein transzendierendes Denken, weil Gott die Grenzen der Wirklichkeit übersteigt. Politisch-theologische und befreiungstheologische Ansätze, in denen die ge-sellschaftliche Wirklichkeit, in der Menschen leiden, zentral ist, sollen im Sinne einer „doppelten Transzendierung“ Grundlagen unserer Auseinandersetzungen sein und gleichzeitig weitergetrieben werden. Doppelte Transzendierung bezieht sich zum einen auf bestimmte geschichtliche Situationen, in und unter denen Menschen leiden. Darin zeigt sich ihre „Leid- und Zeitempfindlichkeit“ (J.B. Metz). Zum anderen aber ist ihr Horizont auch die Schöpfung und die Geschichte als Ganzes.“ Die biblische Tradition hat sowohl die „Befreiung“, Überschreiten der leidvollen Gegenwart, wie auch das Überschreiten von Geschichte und Zeit auf „einen neuen Himmel und eine neue Erde“ (Offb 21,1) hin im Blick.
„Angesichts der gegenwärtigen globalen Leiden von Gott zu reden, verbindet die Frage nach Gott mit der Frage nach der Form der kapi-talistischen Gesellschaft. Um den Zusammenhang der konkreten Leiden mit der gesellschaftlichen Form des Kapitalismus zu analy-sieren, bietet die Wert-Abspaltungskritik, die von der Gruppe ‚Exit’ … um Robert Kurz und Roswitha Scholz ‚entwickelt’ wurde, einen wesentlichen Ansatzpunkt.“ In diesem kann „das ‚Konkrete’ so mit der gesellschaftlichen Totalität“ verbunden werden, „dass erkennbar wird, wie ‚Konkretes’ und gesellschaftliche Totalität miteinander vermittelt sind. Auf diese Weise kann dem ‚Konkreten’, dem konkreten Leiden von Menschen in seiner Besonderheit Rechnung getragen werden. Zugleich kann es in seinem gesellschaftlichen Zusammenhang so erkannt werden, dass Perspektiven seiner Überwindung deutlich werden.“ Wenn auf diesem Weg die gesellschaftliche Totalität erkannt wird, „heißt (das) aber keinesfalls, dass aus diesem ‚Wesen’, der gesellschaftlichen Totalität, alle Erscheinungen abgeleitet werden könnten. Vielmehr muss zugleich das „Nicht-Identische“ (T.W. Adorno) hervorgehoben werden, das, was eben nicht in den formenden ‚Prinzipien’ aufgeht, was immer auch das Denken gegen sich selbst, das „Denken in Konstellationen“ (T.W. Adorno), die Irritationen ‚eines Außen’ und Gebrochenheiten im Denken und Handeln nach sich zieht.“
„Dem Denken einer ‚doppelten Transzendierung’, das mit der angedeuteten radikalen Gesellschaftskritik verbunden ist, will sich ein regelmäßig tagender Reflexionskreis stellen und öffentliche Veran-staltungen dazu organisieren. Auf dieser inhaltlichen Grundlage wird es möglich, konkrete Erfahrungen und Leidenssituationen von Menschen im Blick auf das Ganze zu thematisieren, aber auch die Kategorien einer kritischen Reflexion zu unterziehen, in denen die Konstitution des Ganzen zur Geltung kommt. Vom Einzelnen her wird das Ganze der Gesellschaft bedacht.“
„Charakteristisch für die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen thematischen Zusammenhängen werden daher als Schritte sein:
- inspiriert von der biblischen Grundhaltung der ‚Compassion‘: die Auseinandersetzung mit dem, worunter Menschen in unserer Gesellschaft und in globalen Zusammenhängen leiden,
- die Frage, wie im Leid von Menschen das Ganze der patriarchal-kapitalistischen Krisengesellschaft vermittelt ist,
- die biblisch-theologische Reflexion des Leids von Menschen im Kontext des Ganzen der gesellschaftlichen Herrschafts- und Fetischverhältnisse mit dem Fokus der biblischen Unter-scheidung zwischen Gott und Götzen (Fetischen),
- die Frage nach Wegen der Befreiung als Wege, die die für Menschen und Globus zerstörerischen kapitalistischen Verhältnisse überwinden können, und als Wege samaritanischen Handelns in Solidarität, auf denen das Leiden von Menschen gelindert werden kann.“
2. Maria 2.0
Die Frauen-Initiative ‚Maria 2.0‘ sorgt für Unruhe in der katholischen Kirche. Sie fordert zu Recht, dass Frauen in der Kirche sichtbar und gleichberechtigt werden – bis hin zum Zugang zu den Männern vorbehaltenen und mit einer Weihe verbundenen Ämtern. Durch sein mit der Aura der Unfehlbarkeit ausgestattetes Verdikt wollte Johannes Paul II. die Frage der Frauenordination für alle Zeiten vom Tisch haben. Der so synodale und scheinbar auch so partizipationsfreudige Trierer Bischof Ackermann verwies jüngst noch einmal auf die Endgültigkeit dieser Entscheidung.
Mit dieser Entscheidung Johannes Pauls II. und ihren oberhirtlichen Bekräftigungen flüchte sich die Kirche – so Maria 2.0 – in „überzeit-liche Wahrheiten aus einer anderen Welt und in einer unverständ-lichen Sprache“. Statt an „überzeitlichen Wahrheiten“ solle sich Lehre und Verkündigung „an den Menschen unserer Zeit orientieren“[1].
Nun ist das eine so falsch wie das andere. „Überzeitliche Wahrheiten“ kann es in der Geschichte nicht geben, weil Wahrheit ohne Zeit nicht zu haben ist. Die Orientierung „an den Menschen unserer Zeit“ macht die Menschen, wie sie heute – also in der kapitalistischen Krisen-gesellschaft – ihre Prägung finden, zur Norm, an der sich kirchliche Verkündigung und Lehre zu orientieren haben. Das passt zwar zu den von der Trierer Bistumssynode in individualistischem Denken propagierten Perspektivenwechsel „Vom einzelnen her denken“[2], macht sie Sache aber nicht besser.
Statt die Individualisierung – die eigenverantwortliche Anpassung an die Krise des Kapitalismus in der Auflösung sozialer Sicherheit – abzufeiern, müsste eine in den biblischen Traditionen der Befreiung verwurzelte Kirche Einspruch dagegen erheben, dass ‚heutige Menschen‘ gezwungen sind, immer uneingeschränkter zu Anhängseln der sich immer krisenhafter zuspitzenden Verwertungsmaschinerie des Kapitals zu werden. Dies geht einher mit der männlich konnotierten Überhöhung von Arbeit und Geld sowie der Minderbewertung weiblich konnotierter reproduktiver Tätigkeiten. Genau das prägt das Denken und Handeln vieler Einzelner. So geprägte einzelne ‚heutige Menschen‘ können nicht unreflektiert und unmittelbar zum Bezugspunkt kirchlichen Handelns und zur Norm von Verkündigung und Lehre gemacht werden, ohne dass sich die Kirche der Welt, wie sie ist, anpasst.
Wie kirchliche Anpassung funktioniert, zeigt sich in der Esoterisierung kirchlicher Verkündigung. Die Wende nach Innen, zu einem vermeint-lich ‚Eigentlichen‘, zu einem mystisch mit allem verschmolzenen Selbst, zu den Tiefen des eigenen Ichs, für das gesellschaftliche Dimensionen zu vernachlässigende ‚Äußerlichkeiten‘ sind, wird als Rettung der individualisierten Heutigen angeboten. Sie ist begleitet von einer Eventisierung, die das immer Gleiche als neu erscheinen lässt. So können Menschen bei Laune gehalten werden, für die die Zukunft nichts Neues zu bieten hat – außer der sich verschärfenden Krise dessen, was ist.
Der Preis, den die Kirche für solche Anpassung zu zahlen hat, ist der Verlust reflektierter theologischer Inhaltlichkeit, die ihre ‚Heutigkeit‘ in ihrer Verbindung zu einer kritischen Gesellschaftstheorie ausweist. Erst kritische Reflexion auf die gesellschaftlichen Verhältnisse ließe verstehen, was es mit den ‚heutigen Menschen‘ im patriarchalen Kapitalismus konkret auf sich hat. Doch solche Inhaltlichkeit stört den Aktionismus und die Suche nach unmittelbaren Anschluss-möglichkeiten an die Lebenswelten heutiger Individuen. Sie wird als abstrakt und zu schwer verständlich denunziert. Störenfried einer unmittelbaren kirchlichen Heutigkeit ist letztlich das jüdisch-christliche Gottesgedächtnis selbst in seiner Verwurzelung in Unterdrückungs- und Leiderfahrungen im Kontext geschichtlicher Systeme der Herrschaft. Es drängt auf die Unterscheidung zwischen dem biblischen Gott der Befreiung und den Herrschaft legitimierenden Götzen. Heute wäre zu unterscheiden zwischen dem angesichts der Krise immer schärfer auf Anpassung drängenden Fetisch der Vermehrung von Kapital sowie der damit verbundenen Minderbewertung des Weiblichen und dem biblischen Gott der Befreiung, der heute aus der Sklaverei des patriarchalen Kapitalismus herausführen könnte. Dieser steht unter dem Zwang, allen stofflichen Reichtum in abstrakten Reichtum, also in Geld, zu verwandeln. Angesichts der immanent nicht zu lösenden Krise der Kapital-verwertung und der nicht zu überwindenden äußeren ökologischen Schranke führt dieser Zwang immer mehr hinein in die Vernichtung allen Lebens und seiner Grundlagen.
Wenn die Kirche die Inhaltlichkeit der biblischen und theologischen Traditionen einer unmittelbaren Heutigkeit opfert, muss sie sich nicht wundern, dass sie ‚nackend‘ da steht. Sie hat sich in ihrer Sucht nach Bedeutung blank und ‚leer‘ gemacht. Angesichts der Leere wird das Pochen auf vermeintlich überzeitliche Restbestände wie die Verweigerung der Frauenordination zum Ausdruck eines verzweifelten Festhaltens an etwas, das Identität und Halt verspricht. Die auf unmittelbare Heutigkeit pochende Bewegung Maria 2.0 und die auf ihre männliche Macht und überzeitliche Identität pochenden kirchlichen Autoritäten verhalten sich komplementär. Der Ausverkauf theologisch reflektierter Inhaltlichkeit an in falscher Unmittelbarkeit wahrgenommene ‚heutige‘ Menschen und Verhältnisse wird kom-pensiert durch das autoritäre Pochen auf Identität in der Aura von Unfehlbarkeit. Die beiden Pole stabilisieren sich gegenseitig.
So falsch sowohl die unreflektierte Anpassung an Heutigkeit als auch der Versuch ist, den Verlust an Inhaltlichkeit durch überzeitliche Wahrheiten unfehlbar zu sichern, so richtig ist die Forderung, den Zugang zu allen Ämtern für Frauen zu öffnen. Diese Forderung müsste aber in einer Perspektive gestellt werden, die sich nicht auf die Beteiligung an der herrschenden klerikalen Macht reduzieren lässt, sondern in der Frauen und Männer für eine Kirche kämpfen, in der der Vorrang der zeitempfindlichen und befreienden Inhaltlichkeit des Glaubens in Strukturen zum Ausdruck kommt, die herrschaftliche und damit auch patriarchale Verhältnissen der Über- und Unterordnung einen Riegel vorschieben.
3. IM LAUFSCHRITT ZUM HUNGERLOHN oder: VON DEN RÄNDERN HER DENKEN!
Eine gesellschaftliche und theologische Kritik
Die Texte haben ihren Ursprung in einer Tagung des Arbeitskreises processus confessionis der ökumenischen Gruppen im Rheinland und sind beziehen über das Ökumenische Netz. Folgend ein Auszug aus dem Referat von Herbert Böttcher: Emanzipation durch Befreiung der Arbeit vom Kapital? Kritik an der positiven Bewertung der Arbeit in theologischem Denken. Hier das Fazit am Schluss des 2. Abschnitts:
Gruppen im
Als Fazit ist festzuhalten:
1. In theologischen Reflexionen auf Arbeit dominiert eine abstrakte Wertschätzung der Arbeit. Sie bleibt abstrakt, weil sie den Gebrauchs-wert vom Tauschwert der Arbeit und damit die Arbeit von ihrem gesellschaftlichen Charakter trennt. Insofern wird nicht gesehen, dass Arbeit im Kapitalismus eingesetzt wird, um Waren für den Tausch zu produzieren. Sie brauchen einen Gebrauchswert; denn sonst ließen sie sich nicht tauschen bzw. verkaufen. Entscheidend aber ist, dass sie als Vergegenständlichung von Wert und Mehr-Wert für den Tausch produziert werden, in dem sich der in ihnen vergegenständ-lichte Wert realisiert. Wie der Tauschwert vom Gebrauchswert abstrahiert, so die abstrakte Arbeit als Substanz von Wert und Mehr-Wert von der konkreten Arbeit. Nur unter Absehen von diesen Abstraktionen, in denen sich der gesellschaftliche Zusammenhang herstellt, kann in falscher Unmittelbarkeit gegenüber der konkreten Arbeit und angesichts des Gebrauchswerts der Ware vom Sinn der Arbeit und ihrem identitätsstiftenden Charakter gesprochen werden. Auf der Grundlage affirmativer Wertschätzung der Arbeit wird Arbeit für alle, also das ‚Recht auf Arbeit‘ verbunden mit gerechten, humani-sierten und demokratisierten Arbeitsverhältnissen gefordert.
2. Die androzentrische Sicht auf ‚die‘ Arbeit nimmt nicht zur Kenntnis, dass sich mit der Durchsetzung des Kapitalismus Abspaltung der weiblich konnotierten reproduktiven Hausarbeit der männlich konno-tierten produktiven Erwerbsarbeit nicht als Nebenwiderspruch, son-dern als die kapitalistische Gesellschaft konstituierende Form durch-gesetzt hat. Dabei geht die Ver‘herr‘lichung der produktiven Arbeit einher mit der Abwertung reproduktiver Tätigkeiten. Wenn nun auch die nicht-reproduktiven und ehrenamtlichen Tätigkeiten als Arbeit anerkannt werden sollen, reproduziert sich darin noch einmal die Abwertung reproduktiver Tätigkeiten. Sie können nur dann, Aner-kennung finden, wenn sie unter den männlich konnotierten Begriff der Arbeit subsumiert werden.c Data Processing
3. Die Abstraktion von der konkreten Arbeit und damit vom spezifi-schen Zusammenhang der kapitalistischen Gesellschaft verführt theologische Reflexionen über die Arbeit dazu, Arbeit als transhisto-rische Gegebenheit zu verstehen und Arbeit im Kapitalismus in vor- moderne geschichtliche Zusammenhänge bis hinein in die biblischen Texte zu retrojizieren. In diesem Abstraktionswahn verschwindet der Blick auf die Bedeutung dessen, was Menschen in qualitativ, also inhaltlich unterschiedlichen Tätigkeiten tun müssten, um die Grundla-gen des Überlebens und Zusammenlebens zu schaffen. Nicht zur Kenntnis genommen wird, dass in vormodernen Gesellschaften nicht gearbeitet wurde, weil es Arbeit als abstrakte Arbeit, die konkrete Arbeit lediglich als gegenüber ihrem Inhalt gleichgültigen Träger braucht, nur im Vermittlungszusammenhang der kapitalistischen Gesellschaft geben kann.
4. In der Retrojektion der Arbeit auf vormoderne Gesellschaften wird Arbeit ontologisiert. Sie hat es immer schon gegeben und gehört zur Schöpfungsordnung und zum Wesen des Menschen, den Gott als sein Ebenbild geschaffen und ihm den Auftrag geben hat, durch seiner Hände Arbeit die Erde zu gestalten. Von dieser Ontologisie-rung her ist dann auch die Arbeit im Kapitalismus – unabhängig von allen gesellschaftlichen Vermittlungen – Ausdruck der Würde der menschlichen Person und ihrer sozialen Orientierung. Kontraster-fahrungen von diesem Bild, also von diesem Ideal, können lediglich als Abweichungen vom Ursprung des Menschen und seines Auftrags in der Schöpfung kritisiert werden und in einem Prozess einer nie an ihr Ziel kommenden schlechten Unendlichkeit zur permanenten Aufgabe gemacht werden, ohne über eine Reflexion der gesell-schaftlichen Vermittlungen den Trug dieses abstrakten Bildes ebenso wie den Trug der abstrakten gesellschaftlichen Verhältnisse erkennen zu können.
4. Sünde · Umkehr · Neuanfang
Irritationen gegen Herrschaft und Anpassungszwang
Eine Predigtreihe zur Fastenzeit und Ostern 2019
Herausgeber ist das Ökumenische Netz Rhein-Mosel-Saar. Da die Fastenzeit 2020 naht, weisen wir auf diesen Impuls hin. Hier die Predigt von Paul Freialdenhoven vom 4. Fastensonntag.
Lesungen: Jos 5,9a. 10-12; 2 Kor. 5,17-21; Lk. 5,1-3. 11-32;
Wenn wir uns mit der heutigen Situation unserer Welt konfrontieren lassen, erkennen wir schnell: Die Probleme werden zahlreicher und größer. Die gesellschaftliche Spaltung in Arme und Reiche, Verlierer Innen und GewinnerInnen, Ökonomisierung der Lebensbereiche, wachsende Gewaltbereitschaft, Krieg und Terrorismus, Entsolidari-sierung, der Mensch als homo oeconomicus, Konkurrenzdenken, Individualisierung sowie gleichzeitig Sehnsucht nach Spiritualität, Werten und Religiosität.
Die Aufzählung all dieser Aspekte, Fragestellungen und Phänomene soll uns die Kompliziertheit der heutigen gesellschaftlichen Situation weltweit deutlich machen und uns gleichzeitig davor warnen, jedes Phänomen isoliert zu sehen. Vielmehr müssen alle Herausforde-rungen in einen größeren Bezugsrahmen gestellt werden. Es gibt nur eine Wirklichkeit, daher hängt jedes mit jedem zusammen und kann nur in einer Gesamtsicht verstanden und im Ganzen (eventuell) kor-rigiert werden. Versperrt ist die Flucht in eine schlechte und schlichte Unmittelbarkeit eines politischen Aktionismus oder einer Kampagne-norientierung in sozialen Bewegungen oder Schuldzuweisungen an bestimmte Gruppen. Es macht auch keinen Sinn, gute Arbeit gegen entfremdete Arbeit, den Staat gegen den Markt, das Subjekt gegen das Objekt anzurufen. Der eine Pol ist nicht die Lösung des anderen, sondern ein Teil des zu lösenden Problems. Nur in einer Gesamtsicht kann eine Lösung angedacht und gesucht werden, das Ganze muss in den Blick genommen werden.
Dies können nur Menschen, die beharrlich versuchen, den Verhält-nissen auf den Grund zu gehen, das Ganze zu sehen und von daher eine Perspektive entwickeln bzw. Akzente setzen. Zu bedenken sind dabei unsere Verstrickungen in einen unsere ganze Welt umspan-nenden und durchdringenden tödlichen Kapitalismus, der unser Arbeits- und Privatleben, unsere persönlichen und globalen Lebens-welten durch und durch prägt.
Auf dem Hintergrund dieser einleitenden Gedanken wollen wir uns dem heutigen Evangelium nähern. Auch hier geht es um die Gesamt-sicht auf das Leben und die Gesellschaft, es geht um die Sicht Gottes. Eines scheint klar: Gott vergibt dem Sünder, der umkehrt. Da gibt es die Pharisäer und Schriftgelehrten: Sie halten an der Tora fest, den Weisungen Gottes für den Weg der Befreiung. Sie hoffen darauf, dass Gott seinem Volk entgegenkommt, um es aus der Herrschaft Roms zu befreien. Deshalb rufen sie zur Umkehr auf. Wenn Befreiung wieder neu möglich werden soll, muss das ganze Volk umkehren.
Es macht sie deshalb wütend, dass es bei Jesus Menschen gibt, die nicht umkehren: die Zöllner und Sünder. Zöllner stehen im Dienst der römischen Besatzung und stecken von ihren Einnahmen auch noch etwas in die eigene Tasche. Zu den Sündern gehören Menschen, die oft nur zu einem Bissen Brot kommen, wenn sie stehlen oder beim Betteln auch einmal Gewalt anwenden. Als Sünder gelten Frauen, die ihren Leib zur Prostitution verkaufen, um überleben zu können. Im Gegensatz dazu erscheinen diejenigen, die sich um die Schriftgelehr-ten und Pharisäer sammeln als Gerechte, als Menschen, die sich an die Tora halten und vor Gott gerecht dastehen.
In Jesu Augen sind aber auch sie Sünder. Auch sie sollen einsehen, dass sie nicht aus Verhältnissen ausbrechen können, die unter der Macht der Sünde stehen: da verarmen Menschen, obwohl die Tora fordert, dass es bei euch keine Armen geben soll. Da wird Klein-bauern das Land, das doch ihre Lebensgrundlage ist, geraubt. Da werden Menschen in Schuldknechtschaft gehalten, obwohl die Tora fordert, dass es in Israel nicht zugehen soll wie in Ägypten. Aus der Verstrickung in diese Macht der Sünde gibt es auch für diejenigen, die als Einzelne versuchen, gerecht zu handeln, keinen Ausweg. Alle sollen erkennen, dass sie in Verhältnisse verstrickt sind, die das ganze Volk versklaven. Wenn es um das Ganze geht, dann geht es um Tod oder Leben, um Gott oder Götzen.
Jesus hat das Ganze im Blick. Ihm geht es um das Reich Gottes und damit um das Ende von Verhältnissen, an denen Menschen zugrunde gehen. Deshalb müssen alle umkehren, Gerechte und Sünder. Auch der Blick der Gerechten darf nicht auf das eigene gerechte Leben beschränkt bleiben. Er soll geöffnet werden hin auf eine Welt, in der alle satt werden und einen Platz finden. Dann erst wäre die Macht der Sünde gebrochen. Diese Sicht soll im alltäglichen Leben wenigstens anfanghaft zur Geltung kommen. Nun gibt es aber Menschen, denen das nicht möglich ist, weil sie gezwungen sind, weiter zu sündigen – eben jene Zöllner, die Bettler oder die Dirnen.
Gerade sie, die Befreiung am dringlichsten brauchen, dürfen nicht ausgegrenzt werden. Alle – Gerechte und Ungerechte – sollen auf Gottes Wort hören. Genau das tun die Zöllner und Sünder. Sie sind, wie Lukas sagt, zu Jesus gekommen, um ihn zu hören. Damit folgen sie dem wichtigsten Gebot der Tora. In ihm heißt es: „Höre Israel!“ Gemeint ist: „Höre Israel – mit deiner ganzen Leidenschaft, mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft“ (Dtn 6,4-5) – Gottes Wort der Befreiung. Lass dir immer wieder neu die Geschichte deiner Befreiung erzählen.
Lass dir erzählen, wie Gott dir entgegengekommen ist, als du in Ägyp-ten versklavt warst. Dann kannst du deine Abwege erkennen, auf denen du den Tod gewählt, Unterdrückung mit Befreiung, das goldene Kalb mit Gott verwechselt hast. Wenn du deine Abwege erkennst und bekennst, kommt dein Gott dir entgegen, um neu mit dir Wege des
Lebens zu suchen.
Diese Erfahrung Israels hat sich in unserem Gleichnis verdichtet: Freudig kommt der Vater dem Sohn entgegen. Auf seinen Abwegen war er tot und ist in der Umkehr wieder lebendig geworden. Solches Entgegenkommen gilt auch denen, die in ihrem individuellen Ver-halten nicht aus der Sünde aussteigen können. Es gilt sogar für die-jenigen, die – wie der ältere Sohn – solches Entgegenkommen des Vaters ebenso wenig verstehen wie Schriftgelehrte und Pharisäer, Jesu Gemeinschaft mit Zöllnern und Sündern nachvollziehen können. So wirbt der Vater um Einsicht und Umkehr auch des älteren Sohnes. Und so wirbt Jesus um die Einsicht und Umkehr seiner Gegner. Sie sollen erkennen: das große Fest des Lebens muss für alle gefeiert werden. Ob wir nun zu denen gehören, die dem herrschenden Un-recht einzelne Taten der Gerechtigkeit entgegensetzen können oder zu denen, die sich das finanziell oder beruflich nicht leisten können: für alle käme es darauf an, auf Gottes Wege der Befreiung zu hören. Dann könnte Umkehr bedeuten: um das Leid der Menschen wissen wollen und darum, wie es mit den Strukturen der Sünde und des Todes zusammenhängt. Das Unheil liegt in den Verhältnissen, welche Menschen zu Ohnmacht und Apathie verdammen und doch von ihnen zu ändern wären. Solches Wissen schärft das Gewissen. Ein geschärftes Gewissen widersteht der Versuchung zur Anpassung, zum stillschweigenden Einverständnis mit dem Tod. Auch Menschen,
die die Strukturen der Sünde erkannt haben, können nicht einfach aus ihnen aussteigen. Aber sie können sie benennen und darin deutlich machen, dass sie nicht einverstanden sind. Sie können aussprechen, dass sie andere Vorstellungen vom Leben und Zusammenhalt der Menschen haben. Ein wesentlicher Teil der Umkehr einzelner und der Kirche als ganzer könnte darin bestehen, sich für die Umkehr von Verhältnissen einzusetzen, die Menschen in den Tod treiben. Wie der verlorene Sohn könnten wir die Abwege eingestehen, die das Leben zerstören. Wir könnten darauf vertrauen, dass Gott uns dabei ent-gegenkommt. Er kommt uns entgegen mit dem Besten, was er hat: mit seinem gekreuzigten Messias. Jesus hat, gleichsam vertretend für uns, getan, was uns so schwer fällt. Er ist aufs Ganze gegangen und hat der Sünde die Stirn geboten, bis er am Kreuz selbst zum Opfer ihrer Macht wurde. An Ostern werden wir feiern, dass Gott das Grab seines gekreuzigten Messias geöffnet und in ihm einen neuen Anfang des Lebens gemacht hat. Es ist der Glaube, dass Gott das letzte Wort über unser Leben und diese Welt hat. Ein Wort des Lebens für alle, Erlösung aus aller Enge.
USA am Hindukusch: verhandeln, wählen lassen und bomben!
Von Matin Baraki
Präsidentschaftswahlen, die keiner ernst nimmt
Die sogenannte unabhängige Wahlkommission in Afghanistan hat am 30. Dezember 2018 die für April 2019 geplante Präsidentschaftswahl um drei Monate verschoben. Sie setzte den Sonntag, 20. Juli 2019, als neuen Termin für die Abstimmung an, wie der Chef der Wahlkom-mission, Abdul Badi Sajjad, vor Journalisten in Kabul verkündete. Da-nach sollte erst am 28. September 2019 ein neuer Präsident gewählt werden. Da die Amtszeit des amtierenden Präsidenten Ashraf Ghani längst abgelaufen ist, arbeitet er ohne gültiges Mandat. Weil sich die Bevölkerung zu Recht von den Wahlen nichts erhofft, ist es ihr einer-lei, ob sie stattfinden oder nicht und ob ein Warlord oder eine US-Marionette künftig im Präsidentenpalast sitzt. Zum einen werden die USA bestimmen, wer zum nächsten afghanischen Präsidenten ernannt wird, zum anderen hätte er ohnehin nichts zu sagen. So könnte man die allgemeine Stimmung beschreiben. Diese fatalistische Einstellung der Bürger ist u.a. der Nährboden für die landesweit erfolgreichen Operationen der Taliban. Sie werden von der Bevölkerung geduldet bzw. geschützt oder sind gar erwünscht. Die Menschen haben die Nase voll von den korrupten Apparatschicks in Staat, Verwaltung, Justiz, Militär und Polizei, die allesamt von Warlords und ihrer Entourage sowie von den Ameriko- und Euro-Afghanen buchstäblich annektiert worden sind.
Am 28. September 2019 ließ man dann endlich wählen. Insgesamt standen Namen von 18 Kandidaten auf dem Stimmzettel. Darunter waren Warlords und Kriegsverbrecher, wie Gulbuddin Hektmayar, Ahmad Zia Masud und der Ameriko-Afghane Ashraf Ghani, aufgelis-tet. Vier Kandidaten hatten ihre Bewerbung zurückgezogen zu Gun-sten der erfolgreicheren. Im Prinzip haben sie sich verkauft, weil ihnen von den aussichtsreichen Kandidaten Ghani und Abdullah Abdullah Posten versprochen wurden. So war es bei allen vorangegangenen Wahlen seit 2004.
2019 waren 13,5 Millionen Menschen wahlberechtig. Davon haben sich 9,66 % registrieren lassen, jedoch nur 2 Millionen haben ihre Stimme abgegeben. Das sind gerade 16,6 % der Wahlberechtigten. Durch die neuen Überprüfungen hat die Wahlkommission die Zahl der abgegebenen Stimmen auf 1,9 Millionen nach unten korrigiert.[3] Nur 19 % der registrierten Wähler, also „weniger als fünf Prozent der Bevölkerung“ sind an die Urne gegangen.[4]
Der künftige Präsident am Hindukusch ist damit nicht legitimiert. Ein vorläufiges Wahlergebnis sollte am 19. Oktober bekannt gegeben werden. Beobachter vor Ort sind der Meinung, dass man noch mehr Zeit gewinnen wollte, um – wie in der Vergangenheit – weiter zu fälschen. In der Nacht vom 20. zum 21. Oktober „hatten Mitglieder einer Spezialeinheit der Polizei Zutritt zum Gebäude des Datenzen-trums der Wahlkommission erhalten“.[5] Hier sollte es sich um eine ver-suchte Wahlmanipulation für Ashraf Ghani gehandelt haben. Zu des-sen Gunsten sind Wahlfälschungen aus 16 Bezirken gemeldet wor-den. So zum Beispiel in Kabul 130.000, in Paltya und Paktika 150.000, in Kandahār 50.000, in Logar 60.000, in Khost 70.000, in Kapisa 5.000, in Nangrahar 100.000, in Laghman, 3.000, in Kunar 20.000 in Helmand 8.000, in Nuristan 120.000, in Sabul 10.000, in Distrikten von Herat 50.000, in Ghurband, 10.000, in Kunduz 2.000 Stimmen.[6] In Afghanistan sei der Trend in den letzten Jahren negativ gewesen, wie der der ehemalige afghanische Außenminister Rangin Dadfar Spanta im Deutschlandfunk diplomatisch formulierte. Auch bei den jetzigen Präsidentschaftswahlen erwarte er „massenhaft organi-sierte Fälschungen“[7] zu Gunsten von Ashraf Ghani. So überrascht es nicht, dass die Favoriten Ghani und Abdulla selbst schon vor den Wahlen von Wahlfälschung sprachen.
Der Chef des berüchtigten und gefürchteten Geheimdienstes unter Hamed Karzai, ein Folterknecht und derzeitiger Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten von Ashraf Ghani, Amrullah Saleh, hatte Mitte Oktober mit seinen engsten Mitarbeitern, Asadullah Khaled und Hamdullah Muheb, die amtierende Vorsitzende der Unabhängigen Wahlkommission, Hawa Nuristani, in ihrem privaten Haus besucht. Sie wurde unter Druck gesetzt, damit sie die Wahlergebnisse zu Gunsten von Ashraf Ghani manipuliert. Dieser Vorgang hat in den afghanischen sozialen Medien einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.
Darüber hinaus wurde 5.300[8] also mehr als ein Drittel der Wahllokale nicht einmal geöffnet, weil der Staat angeblich nicht für die Sicherheit garantieren konnte, obwohl mehr als 100.000 Soldaten, Polizisten und Geheimdienstmitarbeiter im Einsatz waren und weitere 20 bis 30.000 in Reserve standen.[9] Beobachter vor Ort sind der Meinung, dass in jenen Bezirken Wahllokale geschlossen blieben, wo Abdullah, also der Konkurrent des amtierenden Präsident Ghani, mehr Stimmen hätte bekommen können.
„Die Präsidentschaftswahlen in Afghanistan am Samstag [28.9.] sind krachend gescheitert“.[10] Dennoch erklärten sich die aussichtreichsten Kandidaten Ghani und Abdullah unmittelbar nach den Wahlen als Sieger. Obwohl die endgültigen Wahlergebnisse noch nicht bekannt gegeben worden sind, tritt Amrullah Saleh auf, als ob er bereits zum Vizepräsidenten gewählt worden sei.
Allein Ghanis Wahlkampf hat 180 Millionen US-Dollar gekostet. Wer hat das bezahlt, woher hat er so viel Geld, während Millionen Afgha-nen in Elend vegetieren, fragen sich viele in den sozialen Medien.
Ursprünglich war vorgesehen, am 27. Oktober die vorläufigen Wahlergebnisse bekannt zu geben. Dies wurde jedoch auf den 14. November verschoben. Der Sprecher der Unabhängigen Wahlkom-mission verkündete dann, dass die endgültigen Ergebnisse erst am 6. Dezember veröffentlicht würden.
Der US-Diplomat Zalmai Khalilzad ist Ende Oktober in Kabul einge-troffen und hat mit Abdullah Abdullah, Ex-Präsident Hamed Karsai und weiteren Warlords, wie Mohammad Atta Noor, Mohammad Junos Qanuni, Schiiten-Führer Mohammad Mohaqeq und dem ehemaligen Sicherheitsberater von Ashraf Ghani, Mohammad Hanif Atmar Ge-spräche geführt. Beobachter vermuten, dass dabei über den künftigen Wahlsieger und die Postenverteilung verhandelt werde.
Wie sieht eigentlich die Bilanz der Amtszeiten des ehemaligen Weltbankmanagers Ghani aus? Bekanntlich hat er außerhalb Kabuls fast nichts zu sagen, geschweige denn eine etwaige Kontrolle über das Land. Die Warlords schalten und walten nach eigenen Gutdünken. Bei der Analphabetenrate steht Afghanistan weltweit an der zweiten Stelle. Das Land wird als am ungeeignetsten für ausländische Investitionen angesehen. Bei der Korruption fungiert Afghanistan an stolzer 172. Stelle von 180 Ländern. Bei der Drogenproduktion, mangelnder Sicherheit für Frauen und Journalisten ist das Land weltweit die Nummer 1. Über 72 % der Frauen haben psychische Probleme. Circa drei Millionen Menschen sind drogenabhängig, darunter auch Kinder. Nach Syrien verlassen die meisten jungen Afghanen überwiegend aus der Mittelschicht ihre Heimat. Damit verliert Afghanistan die Kräfte, die für den Wiederaufbau unverzichtbar sind. Circa 75 % der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze. Trotz Milliarden Hilfsgelder ist Afghanistan mit über eine Milliarde Dollar verschuldet.
Die Taliban bewegen sich am Hindukusch wie Fische im Wasser. Hier liegt ihre Stärke. Ob sie uns gefallen oder nicht, sie sind die einzige bewaffnete organisierte Kraft, die gegen die Besatzer gnadenlos kämpft und mit ihrem Leben bezahlt. Ohne sie angemessen am poli-tischen Geschehen zu beteiligen wird es keinen Frieden geben. Sie kontrollieren ca. 60 % des Landes und sind in der Lage, jeder Zeit beliebige militärische Operationen durchzuführen, sogar in der Sicher-heitszone in Kabul, wo wichtige staatliche Organe, Diplomaten, inter-nationale Organisationen, westliche Geheimdienste und die NATO ihren Sitz haben. In den Gebieten, die von den Taliban kontrolliert werden, schufen sie längst staatsähnliche Strukturen, die besser funktionieren als die Kabuler Administration.
Nach Angaben der UN-Mission in Afghanistan (UNAMA) stieg in den ersten neun Monaten 2017 die Zahl der durch US-Luftangriffe getöte-ten Zivilisten im Vergleich zu 2016 um 52 %.[11] Die Zahl der verletzten und getöteten Zivilisten erhöhte sich im dritten Quartal 2018 um 42 %. Mit fast 1.200 Getöteten und mehr als 3.1000 Verletzten wurde die höchste Zahl ziviler Opfer innerhalb eines Vierteljahres seit Beginn der Aufzeichnung durch die UNO im Jahre 2009 registriert.[12]
Die Mehrheit der afghanischen Bevölkerung ist völlig desillusioniert und hat keine Hoffnung mehr, dass der künftige Präsident an ihrer Lage etwas zum Positiven verändern könnte. Daher warten sie nicht so gespannt auf die endgültigen Wahlergebnisse wie die internatio-nale Öffentlichkeit. Sie sagen offen, uns ist es völlig egal, wer sich nächster afghanischer Präsident nennen darf.
Die USA bomben und verhandeln mit „ihren“ Taliban
Die USA verhandeln seit Jahren geheim und seit einiger Zeit offen mit den Taliban. Sie beabsichtigen, die Widerständler in die kolonialähn-lichen Strukturen am Hindukusch zu integrieren. Die Taliban stellen jedoch für eine Zusammenarbeit den vollständigen Abzug aller ausländischen Truppen aus Afghanistan als Bedingung. Deswegen haben die Verhandlungen, trotz aller optimistischen Verlautbarungen, noch keinen tragbaren Kompromiss ergeben. Wann das der Fall sein wird, wissen die Kontrahenten selber nicht.
Gab es tatsächlich eine neue US-Afghanistanstrategie, wie die Admi-nistration in Washington angekündigt hat, oder war es eher eine Fake News, die US-Präsident Trump verbreitete. Wenn es eine neue Strategie gegeben hat, was beinhaltete sie?
Im Vorfeld ihrer Verkündung haben die USA mit mehr als 8.000 Kilo-gramm Sprengstoff und elf Tonnen TNT-Äquivalent die größte nicht-atomare Bombe, die den Spitznamen „Mother of all bombs“ (MOAB) trug (eigentlich steht die Abkürzung für „Massive Ordnance Air Blast“), in Afghanistan eingesetzt, meldeten die Presseagenturen am 14. April 2017. Der als „Mutter aller Bomben“ der Welt bezeichnete Sprengstoff wurde gegen 7:00 Uhr Ortszeit im Osten in den Bergen von Tora Bora in der Provinz Nangrahar, wo die USA in den 1980er Jahren für die Mujaheddin Höhlen gebaut hatten, gezündet.[13] US-Präsident Donald Trump sprach von einem „sehr, sehr erfolgreichen Einsatz“, meldeten die Presse Agenturen AFP und Reuter. Es wurde von 36 Toten gesprochen. Nach Angaben lokaler Behörden wurden jedoch 94 Menschen zerfetzt, berichtete dpa. Präsident Donald Trump lobte die Aktion. „Wir sind sehr stolz auf unser Militär. Es war ein weiterer Erfolg“, sagte er in Washington. Ob er den Einsatz persönlich genehmigt hatte, bestätigte er jedoch nicht direkt. „Jeder weiß genau, was passiert. Also, ich autorisiere unser Militär. Wir haben ihnen volle Befugnis gegeben, und das ist es, was sie machen.“[14] Der Sprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer, wollte sich ebenfalls nicht dazu äußern, ob Trump den Abwurf persönlich angeordnet hatte.
„Ich habe noch nie im Leben einen solchen Knall gehört“, sagte Malik Mohammed, ein Stammesältester in Achin, der Deutschen Presse-Agentur. Der Gouverneur von Achin, Esmail Shinwari, sagte der Nachrichtenagentur AFP am 13. April 2017, die Explosion durch die Bombe sei „die größte gewesen, die ich jemals gesehen habe“.[15] Riesige Flammen seien in der Gegend hochgeschlagen.
Der russische Verteidigungspolitiker Franz Klinzewitsch äußerte der Agentur Interfax zufolge, der Bombeneinsatz sei nicht nötig gewesen, denn in letzter Zeit habe sich nichts grundlegend an der Situation in Afghanistan geändert. Der Afghanistan-Experte Omar Nessar von der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau sieht in dem Einsatz der riesigen US-Bombe eine Demonstration der Stärke gegenüber Russland. Washington wolle Russlands Einfluss in Afghanistan eindämmen, meint er.[16]
Das Vorgängermodell dieser Bombe war schon im Golfkrieg getestet worden. Da es Zweifel an dessen militärischem Nutzen gab, wurde die weiterentwickelte Version dann am Hindukusch getestet. Seit dem Krieg gegen Afghanistan am 7. Oktober 2001 ist das Land am Hindu-kusch zum Testgelände für die neuesten Waffen der NATO-Länder degradiert. Die deutschen gepanzerten Fahrzeuge Fuchs bzw. Marder (die Innentemperatur stieg auf 80 Grad), der Nachfolger des Typs Mirage des französischen Kampfflugzeugs und die US-Kampfdrohnen wurden alle in Afghanistan eingesetzt, getestet und für den Einsatz unter klimatisch ähnlichen Bedingungen weiterentwickelt.
Im Verlaufe des Jahres 2016 hatte die US-Luftwaffe 1.337 Bomben auf Afghanistan abgeworfen. Bis Ende Oktober 2017 waren es schon 3.554, und Ende 2017 waren es etwa dreimal so viele Bomben wie im Jahre 2016. Nach neusten Berichten flog das US-Militär allein im September 2019 „1.113 Luftangriffe – im August waren es 810 und im Juli 537“.[17] Nach Angaben der UNO stieg in den ersten neun Mona-ten 2017 die Zahl der durch US-Luftangriffe getöteten Zivilisten im Vergleich zu 2016 um 52 %.[18] Da die UNO nicht die Möglichkeit hat, außerhalb der größeren Städte die Opferzahl zu registrieren, muss davon ausgegangen werden, dass weitaus mehr Menschen getötet worden sind.
Während des Wahlkampfes hatte Donald Trump angekündigt, die Auslandseinsätze des US-Militärs schnell zu beenden. Als Präsident hat er aber den Krieg in Afghanistan verschärft. Bei seiner groß angekündigten Rede zur „neuen Afghanistan-Strategie“ vor Soldaten im Stützpunkt Fort Myer in Virginia „Wir werden angreifen“, verkün-dete er martialisch, was er in Afghanistan vorhat. Er will den Kampf gegen den unter der Bezeichnung Taliban und Islamischer Staat (IS) subsumierten Widerstand ausweiten. Ziel sei es nun, den Krieg in Afghanistan zu gewinnen, verkündete der Präsident. Dazu werde er aber keine Abzugstermine und auch keine genaue Truppenstärke nennen, „um dem Feind keine Informationen zu geben“. Es wurde von einer Aufstockung der Truppen um 3.900 Soldaten gesprochen. Auch der Einsatz privater Söldner statt regulärer Soldaten wurde in Erwä-gung gezogen, damit die Zinksärge aus Afghanistan Zweifel der US-Bürger am Sinn des Krieges nicht noch mehr verstärken. Auch andere NATO-Mitglieder sollen auf einen stärkeren Einsatz verpflichtet wer-den. Insgesamt haben 15 NATO-Länder ein zusätzliches Engagement in Aussicht gestellt. Deutschland ist nach den Vereinigten Staaten und Italien größter Truppensteller in Afghanistan.[19] Bundesverteidigungs-ministerin Ursula von der Leyen (CDU) plant eine deutliche Auswei-tung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur vom 4. März 2018 soll die Zahl der Bundeswehrsoldaten im Rahmen der NATO-Ausbildungsmission „Resolute Support“ von 980 künftig auf bis zu 1.300 erhöht werden. Das ist rund ein Drittel mehr.[20] Nach Angaben von NATO-General-sekretär Jens Stoltenberg wird die Zahl der NATO-Soldaten zur Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte im kommenden Jahr auf rund 16.000 steigen. Dies entspricht einem Plus von mehr als 3.000 zusätzlichen Kräften.[21] Zu bedenken ist dabei, dass die NATO in den Hochphasen des Krieges bis 150.000 Soldaten in Afghanistan im Einsatz hatten und nicht in der Lage war, den Widerstand in die Knie zu zwingen. Im Gegenteil. Mehr als 16 Jahre nach dem Sturz des Taliban-Regimes Ende 2001 sind die Islamisten stärker denn je. Sie kontrollieren 45 der 398 Distrikte des Landes völlig, 117 Distrikte sind zwischen Taliban und Regierungstruppen schwer umkämpft. Beobachter sprechen von einer Patt-Situation. Wie US-Präsident Trump nun mit 16.000 Soldaten den Krieg gewinnen will, bleibt sein Geheimnis. Bei einem Treffen in Kabul mit US-Außenminister Michael Pompeo sagte der afghanische Präsident Ashraf Ghani: „Die neue Afghanistanstrategie der USA, die Präsident Donald Trump im vergangenen August vorgestellt hatte, funktioniert. Die USA haben ihre Truppen aufgestockt und ihre Luft- und Bodenoffensiven vor allem gegen die Taliban drastisch verschärft.“[22] Diese Eskalation des Krieges ist nicht neu, geschweige denn eine „neue Strategie“.
Die afghanische Regierung soll mehr Hilfe erhalten, um mit der eige-nen Armee gegen die Taliban zu kämpfen. Damit wird die Afghani-sierung des Krieges, die von Barack Obama eingeleitet wurde, fort-gesetzt. Gleichzeitig soll die Regierung in Kabul dazu gebracht wer-den, endlich stärker gegen Korruption und Misswirtschaft vorzugehen. Da die Korruption wie ein Krebsgeschwür den ganzen Körper des afghanischen Staates befallen hat, ist die Lösung des Problems dann möglich, wenn man eine komplett neue Regierung schaffen würde. Alles andere ist nur eine Fantasie der westlichen Besatzer. Trump schloss auch Verhandlungen mit den Taliban nicht aus, um irgend-wann zu einem Frieden zu kommen. Aber „wie schon der frühere FBI-Direktor Comey sagte: ,Mit Trump ist es, wie mit der Mafia zu verhan-deln‘„[23], konstatierte die britische Zeitung The Guardian am 11. Juli 2018. Glenn Kessler von der Washington Post wird als Star der Fak-tenchecker bezeichnet, gehört es doch zu seiner Aufgabe, u. a. alle Falschaussagen von Donald Trump zu dokumentieren. Um nur ein Beispiel zu nennen: „Am 20. Juni [2018] hat er 77 falsche Aussagen gemacht.“[24] Der britische Guardian kommentierte Trumps Reise nach Großbritannien: „Der Präsident der Vereinigten Staaten sollte eigentlich unser wichtigster Verbündeter sein, mit dessen Land wir eine besondere Beziehung beanspruchen und mit dem wir grundlegende demokratische Werte teilen. Wenn so ein Führer auf die Grundlagen dieser Allianz spuckt und aktiv Werte und Interessen fördert, die den unseren feindlich gegenüberstehen, dann besagt die schwierige Lehre der Geschichte, dass er nicht geehrt und nicht beschwichtigt werden sollte. Wir unterstützen all jene, die friedlich und mit Würde gegen die Anwesenheit eines Präsidenten protestieren, der ein schlechter und unzuverlässiger Verbündeter ist.“[25] Stefan Kornelius, derzeitiger Leiter des Ressorts Außenpolitik der Süddeutschen Zeitung, wird noch deutlicher: „Einem marodierenden Söldnertrupp gleich zieht Donald Trump mit seiner Entourage durch Europa, zerstört Gewissheiten und Institutionen, verbrennt Freundschaften und eine 70 Jahre alte Ordnung. Zeiten des Umbruchs sind das, Zeiten der Ungewissheit und der Sorge, weil sich in atemberaubender Schnelligkeit eine alte Welt verabschiedet, ohne dass die neue zu erkennen wäre.“[26]
Selbst wenn die westlichen Verbündeten den US-Präsidenten zum Teufel wünschen, wie könnte er ein zuverlässiger Verhandlungs-partner des Widerstandes, d. h. der Taliban sein? Daher kann man davon ausgehen, dass jede Verhandlung zwischen Trump und den Taliban von vornherein zum Scheitern verurteilt sein wird.
Nach Trumps Vorstellungen sollten Nachbarstaaten wie Pakistan stärker unter Druck gesetzt werden, damit sie nicht weiter zum Rückzugsort für die Taliban und Terroristen werden, die über die Grenze aus Afghanistan kommen. Diese Forderung der US-Administration wird von niemandem ernst genommen. Sie wird seit Jahren, wie die tibetanische Gebetsmühle, wiederholt, ohne konkrete Maßnahme. Außerdem solle sich auch Indien endlich mehr für den Konflikt in seiner Nachbarschaft engagieren, forderte Trump. So eine Erwartung zeugt von absoluter Unkenntnis der Probleme in und um Afghanistan, besonders was die Beziehungen zwischen Pakistan und Indien betrifft und deren diametral entgegengesetzte strategische Interessen am Hindukusch.
Es muss deutlich betont werden, dass die „Neue US-Strategie“ für Afghanistan ein tot geborenes Kind ist, die aus dem hohlen Bauch eines ahnungslosen US-Präsidenten in die Welt gesetzt wurde.
II. Afghanisierung des Friedens!
Der Krieg, ob von NATO geführt oder afghanisiert, hat den Konflikt am Hindukusch nicht gelöst. Die Greater-Middle-East-Strategie (GME) der NEOCONS, welche die US-Regierung während des G-8-Gipfels von Sea Island im Juni 2004 als politische Agenda zur Umstrukturierung der Region Großraum Mittlerer Osten verkündet hatte, ist an den Ber-gen des Hindukusch zerschellt. Auch die Afghanisierung des Krieges unter Barack Obama ist im Sand verlaufen. Da Trumps Strategie keine Strategie, sondern eine Verstärkung der militärischen Eskalation ist, muss auch sie scheitern. Es ist längst an der Zeit, endlich den Frieden am Hindukusch zu afghanisieren. Dazu liegt seit langem ein von mir ausgearbeiteter 18-Punkte-Friedensplan vor.[27] Das afghani-sche Volk will Frieden. Nach einem mehr als 700 Kilometer langen und viel beachteten Protestmarsch – ein Novum in der neuen Geschichte Afghanistans – quer durch das kriegszerrissene Land, ist eine Gruppe von Friedensaktivisten, die vor 40 Tagen in der schwer umkämpften südafghanischen Provinz Helmand gestartet war, am 18. Juni 2018 in Kabul angekommen. Die Männer sangen im Chor „Wir wollen Frieden“.[28] Zahlreiche Anwohner der Hauptstadt begrüßten die Demonstranten und skandierten Friedensparolen. Die Teilnehmer forderten eine Verlängerung der Waffenruhe zwischen Regierung und Aufständischen, Gespräche und einen Zeitplan für den Abzug aller ausländischen Truppen aus Afghanistan.[29] Wie verhasst die ausländischen Truppen am Hindukusch sind, verdeutlicht ein Beispiel: Als 2008 Bundeswehrsoldaten während einer Patrouillenfahrt mit einem Wolf-Geländefahrzug in eine 15 Meter tiefe Böschung hinabstürzten und ein Soldat dort für kurze Zeit bewusstlos lag, eilten die Einheimischen zur Unfallstelle. „Die haben den Unfall wie einen Sieg gefeiert“[30], sagte der verletzte Soldat später.
Als der afghanische Präsident Ashraf Ghani am 12. Juni 2018 für die Feiertage am Ende des Fastenmonat Ramadan eine einseitige Waffenruhe angeordnet hatte,[31] haben selbst der islamisch geprägte Widerstand, Taliban, Haqqani Netzwerk[32] und andere das Angebot sofort angenommen und ihrerseits die Kämpfe eingestellt. Im ganzen Land kam es zu Begegnungen und gemeinsamen Feierlichkeiten zwischen den Taliban und afghanischen Sicherheitskräften, die sich umarmten und als Brüder bezeichneten. „Sie sind unsere Brüder“, sagte eine Soldatin über die Taliban.[33] „Taliban-Kämpfer und Regierungssoldaten lagen sich in Städten und Dörfern in den Armen, feierten drei Tage lang gemeinsam das Ende des heiligen Fastenmonats Ramadan.“[34]
Frieden ist möglich. Ist er auch gewollt? Die Profiteure des Krieges – die NATO und die korrupte, vom Westen eingesetzte und abhängige afghanische Administration – müssen dazu gezwungen werden, den Willen des afghanischen Volkes zu respektieren und den Weg für einen Frieden am Hindukusch ebnen.
*Dr. Matin Baraki lehrte Internationale Politik an verschiedenen Universitäten und ist Mitglied des Zentrums für Konfliktforschung an der Universität Marburg.
Rojava vor dem Ende?
Die konkrete Situation in Nordsyrien oder Rojava in der Bezeichnung der Kurden erfordert einen Nachtrag zum inhaltlichen Schwerpunkt unserer Bistumsversammlung 2019. (vgl. die ausführliche Darstellung in unserem Rundbrief 2019-2). Der Krieg um Syrien ist mit Beginn der Kampfhandlungen durch die Türkei in eine neue Runde gegangen.
Der Referent Thomasz Konicz stellte auf der Versammlung die Auseinandersetzungen und Kämpfe dort in den Zusammenhang des Krisenprozesses des kapitalistischen Weltsystems, bei dem die „gescheiterten Staaten“ der Peripherie dessen vorläufiges Endprodukt seien. Hier schloss er an Robert Kurz an: „In seinem Buch „Welt-ordnungskrieg“ konstatierte Robert Kurz eine Kausalität zwischen Schuldenkrise, neoliberaler Rosskur und den anschließenden Bürger-kriegen, die weite Teile der ‚Dritten Welt‘ erfassten. Es bestehe ein „ursächlicher Zusammenhang“ zwischen den „marktwirtschaftlichen Strukturreformen“ des IWF und der Weltbank in der Peripherie sowie den „Macheten-Massakern, Massenvergewaltigungen und riesigen Flüchtlingsströmen“, die hiernach die ‚Entwicklungsländer‘ erfassten. Die Voraussetzungen von Staatszerfall und Bürgerkrieg in dem globalen Süden seien nahezu identisch.“ „Geradezu paradigmatisch werde dies an den Verhältnissen im ‚vorrevolutionären‘ Libyen oder Syrien deutlich, wo einzelne Machtcliquen oder religiös-ethnische Gruppierungen (Alewiten, Ghaddafis Clan) die Schaltstellen der Macht besetzt hielten, um so ihre Klientel zu bedienen.“
Vor diesem Hintergrund betrachtete er die Rojava genannten syri-schen Kurdengebiete. Hier konnte die kurdisch-syrische PYD (Partei der Demokratischen Union) eine erstaunlich gut funktionierende Selbstverwaltung aufbauen, die die Verwirklichung einiger für diese anomische Bürgerkriegsregion unerhörte Vorhaben – umfassende Minderheitenbeteiligung, Frauenquote, Gleichberechtigung, Rätever-waltung – tatsächlich in Angriff genommen hat. Der 2015 in Rojava begonnene Aufbau der „Demokratischen Kräfte Syriens“ (Syrian Democratic Forces - SDF) durch die PYD zielt gerade auf diese Verallgemeinerung des Rätemodells ab: Hier sind nicht nur viele Minderheiten Nordsyriens mit eigenen militärischen Formationen vertreten, sondern auch etliche säkulare arabische Oppositions-gruppen. Deshalb komme dem Kampf um Rojava nicht nur ein hoher symbolischer Wert zu; dieser Kampf ist auch ein Wendepunkt, an dem sich der weitere Krisenverlauf und die Richtung des Transformations-prozesses im gesamten Nahen und Mittleren Osten entscheiden könne. Befreiung ist in dieser Region nun zumindest denkbar, ohne dass dies einer weltfremden Spinnerei gleichkäme. In Rojava hat sich die Tür zur Emanzipation zumindest einen Spalt breit geöffnet. Letztlich gehe es um die gesellschaftliche Transformation.
Der Angriff der türkischen Armee auf Nordsyrien (Rojava) stellt dieses Projekt mindestens vor eine Zerreißprobe oder sogar sein Ende. Zahlreiche Kommentare gehen davon aus, dass die neuen Machtkonstellationen es ganz gefährden. Das Vorgehen der Türkei wurde durch die Entscheidung des Präsidenten der USA, in dem Grenzgebiet Türkei/Syrien stationierte amerikanische Truppen abzuziehen, ermöglicht. Dieser Krieg wird nicht nur vielen Menschen den Tod bringen, Hunderttausende in die Flucht treiben und weitere chaotische Zustände auslösen, zu denen das Widererstarken des IS – schon in der ersten Woche sind Hunderte von IS-Anhängern geflohen – und anderer islamistischer Kampfverbände gehören werden. Letztere haben sich schon durch ihr besonders grausames Handwerk bei dem Einmarsch in Nordsyrien unter dem Schutz der türkischen Armee hervorgetan. Warlords und Rackets versehen ihr übliches Handwerk. Es wird den "terroristischen Gruppen" unter dem türkischen Kommando vorgeworfen, dass sie das Eigentum der Bewohner der umliegenden Dörfer und der Städte Tell Tamer sowie Ras al-Ain (kurdisch: Serekaniye) "plündern und zerstören", dass sie Häuser stürmen und Straßensperren errichten, "wo sie junge Männer verschleppen". Ebenso gehört die Stärkung des syrischen Regimes dazu, welches jahrelang von westlichen und arabischen Staaten bekämpft wurde. Seine Unterstützer Russland und Iran gehören wohl zu den politischen Gewinnern dieser neuen Gemengelage.
Der Konflikt mit seiner wechselhaften Geschichte und seinen mörde-rischen Folgen geht in eine neue Runde, die anknüpft an die immer neuen Eskalationen, die durch die Unterstützung der USA, europä-ischer Staaten, der Türkei, Katars und Saudi Arabiens auf der einen und Russlands und des Irans auf der anderen Seite genährt wurden. Einschleusen von Kämpfern, ihre Ausbildung und ihre Unterstützung mit Geld und Waffen aus den unterschiedlichsten Motiven (regime change, Wahabismus usw.) haben den Krieg immer wieder verlängert und häufig Kriegsverbrechen (Bombardierung von Krankenhäusern und Schulen, Einsatz chemischer Waffen, Folter, Attentate, wahllose Hinrichtungen usw.) nach sich gezogen. Ein Höhepunkt dieser verfehl-ten Aktionen war die faktische Beihilfe zur Entstehung des IS. Auch wenn jetzt durch die Unterstützung Russlands und des Irans der syrische Staat mit seinem Assad-Regime im Staatsgebiet weitgehend wieder die Oberhoheit gewonnen hat, ist die von Konicz als Zerfalls-erscheinungen beschriebene Herrschaft der Cliquen und Rackets all-gegenwärtig. Die Türkei bedient sich bei ihrem Einmarsch in das nord-syrische Kurdengebiet arabisch-syrischer Milizen. Die syrische Pro-vinz Idlib ist Basis verschiedenster Zusammenschlüsse von Rebellen, angefangen bei der der Türkei verbundenen FSA über die islamistisch geprägte HTS („Hayat Tahrir al Scham“) unter Beteiligung von El Kaida-Kämpfern bis hin zu IS-Anhängern. Die Liste der beteiligten Akteure angefangen von den offenkundigen staatlichen Mitspielern wie Russland, USA, Türkei, Iran oder Israel, Katar und Saudi-Arabien über verdeckte Unterstützer bis zu den verschiedensten Milizen in den jeweiligen Territorien ist kaum zu erstellen. Allein die obige Liste ver-deutlicht schon, „dass die Bürgerkriege, die weite Teile der Peripherie verwüsteten, im Endeffekt Entstaatlichungskriege darstellen, in deren Verlauf der verwilderte Staatsapparat zerfällt, wobei die Unterschiede zwischen Banden, Milizen und Staatsmacht verschwimmen und letzt-endlich verschwinden.“ Alle diese Akteure bedienen sich mehr oder weniger (Staaten wie USA oder Russland haben selbstverständlich auch die ganzen Ressourcen ihres Staatsapparates zu Verfügung) einer Kriegsökonomie, die ihre materiellen Grundlagen sichert. Man erinnere sich nur an den Ölverkauf des IS in die Türkei. Aber ebenso ist festzuhalten, dass auf diese Weise ganze Landstriche zugrunde gerichtet und Bevölkerungen dem Verderben ausgeliefert werden. In diesem Zusammenhang sei noch an ein Detail erinnert. Wenige Tage, nachdem die US-Soldaten den nordsyrischen Grenzstreifen frei-gegeben hatten, erhielten sie den Befehl zum Schutz der syrischen Ölfelder. Der Widerspruch aus Moskau ließ nicht lange auf sich warten. Nachdem türkische und russische Militärs in Nordsyrien gemeinsam patrouillieren, haben die Kämpfe hier nachgelassen. Anderenorts geht es wie in Idlib dann aufs Neue los. Die Ereignisse im Irak zum Beginn des Jahres führen uns vor Augen, dass vermeintliche Beruhigungssituationen unmittelbar wieder explodieren können.
Diese knappen Hinweise zeigen, dass sich das Krisengeschehen nur verschiebt und Ansätze einer gesellschaftlichen „Transformation“ wie in Rojava von heute auf morgen wieder unter die Räder geraten. In der Macht- und Durchsetzungsagenda spielen weder Rojava - das Modell stört nur - oder traditionelle Gesellschaften noch Entwicklungs-versuche abseits des mainstreams eine Rolle.
Auf dem Hintergrund der Ereignisse soll auf vier Gesichtspunkte eingegangen werden:
· Der Zerfall schreitet fort
Es ist offenkundig, der Kampf um Ressourcen, Machtzynismus und tödliche Überlebensstrategien treiben den Zerfall voran. Die amerika-nische Vorgehensweise, die Kurden in Rojava dem türkischen Angriff preiszugeben und anschließend die Ölfelder zu besetzen, auch wenn die Vorräte unbedeutend sind, beleuchten wie in einem Brennglas die Lage. Einerseits wird bedenkenlos – noch nicht mal die Unterstützung der Kurden im Kampf mit dem IS spielt eine wirkliche Rolle; um zu überleben mussten sie die syrische Staatsmacht um Hilfe bitten – eine funktionierende Gemeinschaft einem Kalkül von Machtinteressen geopfert, andererseits will die USA vor Ort weiter mitmischen.
Ebenso offenbart der Kampf um Idlib den Zynismus und den Zerfall. Der syrische Staat will im Verbund mit Russland auch dieses Gebiet wieder erobern. Zwischen dem syrischen Regime und Kurden wurde vereinbart, dass die kurdischen Einheiten als fünftes Korps in die syrische Armee integriert werden. Sie mussten zustimmen, schon bald in Idlib gegen die von der Türkei unterstützten arabischen Milizen zu kämpfen. Sie erwarten hohe Verluste. Selbst der massive Einsatz russischer Waffentechnologie konnte den Widerstand der arabischen Milizen dort bislang nicht brechen. Dieser Krieg ist wie ein Fleischwolf. Mit ihrem Blut erkaufen sich die Kurden Assads Gnade. Ob der Preis für die zugesagte Selbstverwaltung reicht, ist fraglich. Ihr Einsatz könnte wieder vergeblich sein, was das Ende von Rojava bedeuten würde. Auf der anderen Seite stehen zahlreiche islamistische Gruppen, die vor allem von der Türkei protegiert werden. Von wem auch immer protegiert, sichern sich die Banden und ihre Warlords ihre Beute, ihren Machtbereich und ihr Überleben. Die neue Eskalation um die syrische Provinz Idlib hat dem mörderischen Geschehen um Syrien eine weitere Stufe hinzugefügt. Nachdem die islamischen Gruppen dort die Waffenruhe gebrochen hatten, antwortete der syrische Staat zusammen mit russischen Truppen mit einem gnadenlosen Bombardement auf besiedelte Gebiete, das zahllosen Menschen den Tod brachte oder sie in die Flucht trieb.
Die Eskalation zwischen dem Iran und den USA, die durch die Tötung des iranischen Befehlshabers der Al-Kuds-Brigaden eine neue Stufe erreicht hat, lassen den Iran Vergeltung planen und die Anrainer mit in Abwärtsstrudel hineinziehen. Die Forderung des irakischen Parla-mentes, dass alle ausländischen Truppen, vor allem die der bishe-rigen Schutzmacht USA, das Land zu verlassen, verheißt Entfachung von Kriegszuständen. IS oder El-Kaida werden es nutzen wissen.
„Die Zeit“ spricht in ihrer zweiten Ausgabe im Jahr 2020 weltweit von 16 Krisenherden – ohne vollständig zu sein, in denen Aufruhr und Gewalt die Szenerie kennzeichnen. Die offensichtlichsten Muster für Zerfallsgeschichten offenbaren sich zurzeit im „Nahen Osten“, im Jemen, im Irak und in Syrien. Der Beginn eines „zerfallenden Staates“ in der Region war Somalia, wo 1991 der Bürgerkrieg begann, der bis heute nicht befriedet ist. Im Deutschlandfunk heißt im Juni 2018 die Überschrift einer Reportage: „Drohnen, Dschihad und lukrative Geschäfte“ Somalia hat erst seit 2012 wieder eine international anerkannte Regierung. Weite Teile des Landes kontrolliert immer noch die Shabaab-Miliz. Ihr Ziel ist ein islamischer Gottesstaat. Regelmäßig verübt die Terrorgruppe schwere Anschläge. Diese dienen nicht nur dem großen Ziel sondern häufig der Vergeltung und der Erpressung von Geldern und der Absicherung des Herrschaftsanspruchs. Daran hat auch der Drohnenkrieg der USA in Somalia wenig geändert. Im Gegenteil dient er wohl eher der Rekrutierung neuer Rebellen. Nach bald 30 Jahren ist Somalia immer noch in Macht- und Einflusssphären aufgeteilt und ein Weg zu einem neuen Staatsgebilde ist nicht in Sicht. Das sind düstere Aussichten für andere zerfallende Staaten.“
Alles in allem zeigen sich immer neu Krisenherde, ohne dass eini-germaßen reguläre Verhältnisse in Aussicht stünden. Ein besonders bestürzendes Fazit ist, dass Rücksicht auf die wehrlose Bevölkerung für alle Beteiligten ein Fremdwort ist.
· Missbrauchtes Völkerrecht
Die Delegiertenversammlung der deutschen Sektion von pax christi fordert am 27.10.2019 unter Berufung auf das Völkerrecht völlig zu Recht den Deutschen Bundestag auf, das Mandat bewaffneter deutscher Streitkräfte in Irak und Syrien sofort zu beenden und kein Mandat der Bundeswehr zu gewähren, das dazu geeignet wäre und/oder dazu beitragen kann, die Besetzung Nordsyriens durch die Türkei zu legitimieren.
Selbstverständlich sind die völkerrechtswidrigen Handlungen in Nord-syrien oder wie zuletzt der Drohnenangriff im Irak, der zum Tod eines hochrangigen, iranischen Generals führte, zu verurteilen und die Einhaltung des Völkerrechts einzufordern. Dieses gezielte Vorgehen der USA offenbart eklatant, dass viele Staaten doppelzüngig und heuchlerisch damit umgehen. Sie haben sich daran gewöhnt, dieses Recht vor allem bei anderen aber die jeweiligen Verletzungen zu reklamieren, die eigenen z.B. als Schutz vor Menschenrechtsver-letzungen schön zu reden oder formal in ein anderes Licht zu rücken.
Das trifft auch auf die Bundesregierung zu. Ihre Erklärungen zu einzelnen Vorgehensweisen, dass das Völkerrecht gebrochen wird, sind prinzipiell berechtigt, aber mehr oder weniger bedeutungslos, weil die große Zahl der Akteure dieses eben offen oder verdeckt ignoriert. Hier werden eigene Verantwortlichkeiten verdrängt. „Alles deutet daraufhin, dass trotz zahlreicher öffentlicher Verurteilungen des Einmarsches Erdogan international nichts riskiert, da er genügend Doppelbotschaften erhalten hat. Der deutsche Außenminister verurteilt den Bruch des Völkerrechtes, der Innenminister sichert angesichts des Flüchtlingsabkommens Solidarität zu. Auch deutsche Waffen wird Erdogan weiterhin erhalten.“ Welchen Wert hat also eine deutsche Erklärung, zumal wenn sich die Bundesrepublik schon zuvor militärisch an den völkerrechtlich mehr als fragwürdigen Kampf-einsätzen in Syrien beteiligt. Wahrscheinlich ist die Maxime, dazu beizutragen, die Präsenz des Westens in der Region mit den Antipoden Saudi-Arabien und Iran aufrecht zu erhalten. Zudem unter-stützt sie die Maßnahmen für das Embargo Syriens, wohl wissend, dass damit zahlreiche Menschen dem Tod durch Hunger oder Krank-heit überantwortet werden. Die Beteiligung der Bundeswehr an den Städte-Bombardements der Anti-IS-Koalition, für die die Bundeswehr die Aufklärung liefert, haben in der Vergangenheit bereits zigtausen-den unschuldigen irakischen und syrischen Zivilisten das Leben ge-kostet; etwa im irakischen Mossul, wo 20.000 Zivilisten getötet wurden, oder im syrischen Raqqa. Wer das Agieren der Kombattanten untersucht, kommt an der Feststellung, dass Kriegsverbrechen wie mangelnder Schutz von Zivilisten zur militärischen Vorgehensweise gehören, nicht vorbei.
Entlarvend ist, dass nunmehr ein deutsches Gericht (OVG Münster) fordert, dass die Bundesrepublik strikter und präziser als bisher in Washington darauf bestehen müsse, dass Kampfeinsätze von US-Drohnen im globalen Anti-Terror-Krieg dem Völkerrecht entsprechen. Es bestünden nämlich "gewichtige Anhaltspunkte" dafür, dass die Steuersignale für die unbemannten Flugkörper aus den USA über eine Satelliten-Relais-Station im pfälzischen Ramstein - also von deutschem Staatsgebiet - in die jeweiligen Einsatzgebiete übertragen würden. Diese Luftangriffe, so urteilte der vorsitzende Richter Wolf Sarnighausen, würden "zumindest teilweise gegen Völkerrecht verstoßen.“
· Rüstungsexport ist Kriegsunterstützung
Auch wenn andere Akteure federführend sind, bei den Kämpfen in Nordsyrien ist die Bundesrepublik schon durch die Genehmigung der Waffenlieferungen an die Türkei involviert. Schon in der Vergan-genheit wurden die umfangreichen Waffenlieferungen in die Türkei durch die Regierung nicht in Frage gestellt, obwohl der Krieg im Nachbarstaat Syrien schon 8 Jahre andauert und bekannt ist, dass die Türkei an der Ausrüstung der Rebellengruppen beteiligt ist und diese auf unterschiedlichste Weise unterstützt. „So ist es gut doku-mentiert, dass die türkischen Invasionskräfte der syrischen National-armee aus ehemaligen Dschihadisten des IS, der al-Nusrah und FSA bestehen … die eindeutig ihre CIA-Spielzeuge mitgebracht haben.“
Wie im Beschluss der Mitgliederversammlung von pax christi dargestellt, gibt es noch nicht einmal eine halbherzige Reaktion auf die türkische Offensive: “Die Bundesregierung hat nur zugesagt, keine neuen Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter zu erteilen, die ex-plizit in Syrien eingesetzt werden könnten. Ein konsequenter Stopp aller bereits genehmigten Rüstungsexporte sowie neuer Ausfuhr-genehmigungen wurde hingegen nicht veranlasst.“
Von einer friedenspolitischen Agenda kann also weder bei der Bundesrepublik, aber auch nicht bei der EU oder der NATO gesprochen werden. Der NATO-Generalsekretär äußert große Sorge, aber nur die Erwartung, dass die Türkei ihren Krieg "zurückhaltend" führen solle. Die EU ist noch zaghafter und fordert die Mitglieds-staaten nur auf, keine neuen Waffen mehr an die Türkei zu liefern. Selbst vor einem allgemeinen Waffenembargo schreckt man zurück, geschweige denn vor wirtschaftlichen Sanktionen, mit denen die EU die Türkei hart treffen könnte. Vorerst bleibt es bei Worten, über die sich die Türkei hinwegsetzen kann. Erdogan droht hingegen immer wieder damit, die Millionen von Flüchtlingen im Land Richtung Europa zu schicken, womit er die EU anscheinend in der Hand hat.
Festzustellen ist, dass der deutsche Rüstungsexport meilenweit von den selbstgesteckten Maßstäben der Bundesregierung abweicht. Der Krieg um Jemen mit der Belieferung der Koalition um Saudi-Arabien hat das schon ebenso offenbart wie jetzt erneut der türkische Einmarsch in Nordsyrien. Das neue Rekordhoch bei der Ausfuhr von in 2019 in der Höhe von 7,95 Milliarden Euro machen alle Beteu-erungen von restriktivem Rüstungsexport oder Relativierungen der Bundesregierung obsolet. Dieser Export ist Kriegsbeteiligung.
· Die Rede von deutscher Verantwortung ist Militarisierung
Kaum war die türkische Armee in Nordsyrien einmarschiert, wurde von deutschen Politikern(z.B. Röttgen, Kramp-Karrenbauer) wieder das Wort von der deutschen Verantwortung, welches nichts anderes als militärische Handlungsfähigkeit und –notwendigkeit meint, hervor-geholt. Annegret Kramp-Karrenbauer meint, Deutschland müsse künftig "offen damit umgehen, dass wir - so wie jedes andere Land dieser Welt - eigene strategische Interessen haben". Die Bundesre-publik sei wie kein anderes Land "darauf angewiesen, dass wir einen freien Handel haben, der auf Regeln basiert" und dass es "offene Handelswege" gebe. Ihre Rede bedeutet „Wir wollen aufrüsten und unsere Außenpolitik militarisieren. Wir wollen, dass Deutschland inter-national mehr Macht bekommt und ausübt. Und wir wollen wirtschaft-liche Interessen mit Krieg durchsetzen, wenn es anders nicht geht.“ Ursula von der Leyen führte als designierte EU-Präsidenten aus: „Denn „soft power“ alleine reicht heute nicht mehr aus, wenn wir Europäer uns in der Welt behaupten wollen. Europa muss auch die „Sprache der Macht lernen“. Das heißt zum einen, eigene Muskeln aufbauen, wo wir uns lange auf andere stützen konnten – etwa in der Sicherheitspolitik. Zum anderen die vorhandene Kraft gezielter einsetzen, wo es um europäische Interessen geht. (...)“.
Wer auf den Einsatz von Soldaten bei der Bewältigung von Krisen setzt, sollte sich zuerst einmal die gegenwärtigen Bilanzen der mili-tärischen Interventionen ansehen. Zu den Tabus des Einsatzes deut-scher Tornados im Krieg gegen den IS gehört die Zahl ziviler Todes-opfer bei Luftangriffen der Anti-IS-Koalition, die längst fünfstellig ist. Trotz der brüchigen Niederschlagung des IS ist die Bilanz der Ein-sätze im Irak desaströs. Die massenhaften Proteste im Irak gegen die politischen Verhältnisse vor der Zuspitzung des Konfliktes zwischen den USA und dem Iran richteten sich genau gegen die Verhältnisse, die der Anti-IS-Kampf hinterlassen hat.
Wenn Erfolg oder Misserfolg von Interventionen festgestellt werden, kann die Bundesrepublik auf keinen Fall über die Situation in Afghanistan hinwegsehen, wo sie 18 Jahre an der Terrorbekämpfung aktiv beteiligt war. German-Foreign-Policy konstatiert (vgl. auch Matin Baraki oben) in „Deutschlands-Interventionsbilanz“ vom 06.12.19: „Die Lage hat sich seitdem nicht verbessert. Im Gegenteil - im dritten Quartal 2019 verzeichnete die UNO die höchste Zahl ziviler Kriegsopfer seit Beginn ihrer systematischen Auf-zeichnungen im Jahr 2009.“ Die öffentlichen Darstellungen versuchen daraus allerdings nach wie vor eine Erfolgsgeschichte zu machen. Im obigen Bericht heißt es dazu: „Während die Lage in Afghanistan sich konstant verschlechtert, treffen Berliner Regierungsstellen und die Bundeswehr öffentlich immer noch merkwürdige Aussagen über angebliche Fort-schritte in dem Land.“ Die militärische Bekämpfung von Terrorismus weist zwar nach außen scheinbar den einen oder anderen Erfolg aus, aber zahlreiche Experten weisen darauf hin, dass eine hohe Zahl von entsprechenden Kampfeinsätzen Zivilbevölkerung getötet, verletzt oder in die Flucht getrieben hat und infolgedessen Rebellen- oder Dchihadisten wie von selbst Zulauf gewinnen. Trotz dieser mehr als zweischneidigen „Erfolge“ und der miserablen Interventionsbilanz drängt z.B. die Verteidigungsministerin auf Ausbau derartiger Vorgehensweisen wie jüngst für Mali. Anders wie es propagiert wird, „geht der Terror geht von Washington und seinen Verbündeten aus und kommt auch als solcher in die Zentren zurück.“ (Johannes Hofbauer)
Der Glaube, dass militärische Lösungen für Konflikte erweist sich immer aufs Neue als Illusion. Diese Illusion wird ständig dadurch genährt, dass Politik in zahlreichen, besonders aber in den westlichen Ländern von der Überzeugung lebt, nur im kapitalistischen System lasse sich Wohlstand herstellen. So infiziert heißt die Devise dann, man muss die eigenen Interessen – auch mit Gewalt – durchsetzen. Mit Hofbauer ist festzuhalten, dass das nur auf uns zurückfällt. Zwar wird durch die eklatante ökologische Krise unser System nicht mehr vorbehaltlos von den Menschen akzeptiert, aber der Weg zur Trans-formation ist noch weit und von aggressivem Widerstand, zu dem auch die ganze Kriegsmaschinerie gehört, begleitet. Obwohl sich inzwischen gezeigt hat, dass gewaltlose Konfliktlösungen Ergebnisse bringen, die dauerhafter sind (vgl. pax_zeit 2019_4), werden sie im Politikbetrieb nicht ernst genommen.
Der Spalt für eine gesellschaftliche ich Transformation, den Konicz noch vor 9 Monaten für Rojava andeutete, dürfte wahrscheinlich geschlossen sein. Solange der Motor des kapitalistischen Systems laufen muss, wird sein unersättlicher Bedarf weiter unseren Planeten und seine Bewohner niederwalzen. Wenn etwas verschleiernd dann von Interessen gesprochen wird, wird suggeriert, das Geforderte sei legitim. Wenn diese Interessen nicht auf andere Weise durchzusetzen sind, muss eben die tödliche Kriegsmaschinerie angeworfen werden. Was das bedeutet, ist oben verdeutlicht. Wie es scheint, gibt es kein Entrinnen. Von einer Kultur des Lebens und Friedens - schalom - sind wir weit entfernt. Albert Hohmann (11.01.20)
Impressum
Der pax-christi-Rundbrief wird kostenlos an alle Mitglieder der katholischen Friedensbewegung pax christi im Bistum Trier verschickt. V.i.S.d.PG: Albert Hohmann - Texte und Fotos von: Waltraud Andruet, Dr. Baraki, Bistumsstelle pax christi, Heribert Böttcher, Paul Freialdenhoven, Albert Hohmann, Rudi Kemmer, Horst Peter Rauguth, Ökumenisches Netz, SWR3
[1] Joachim Frank, Menschenkette um den Dom, in: Kölner Stadt-Anzeiger, 19.9.1919, 25.
[2] heraus gerufen. Schritte in die Zukunft wagen. Abschlussdokument der Synode im Bistum Trier, Trier 2016, 15-17.
[3] Meier, Christian: Beschädigte Wahlen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), 1.11.2019, S. 8.
[4] Reuter, Christoph u.a.: Ein Friedhof für alle, in: Der Spiegel, Nr. 49, 30.11.2019, S. 87.
[5] Ebenda.
[6] Dies meldete Facebook auf Unabhängige Kongresse der Jugend Afghanistans am 16.10.2019.
[8] Vgl. Krüger, Paul-Anton: Abstimmung mit vollem Risiko, in: Süddeutsche Zeitung (SZ), 28./29.9.2019, S. 10.
[9] Vgl. Krüger, Paul-Anton: Geringe Wahlbeteiligung, in: SZ, 30.9.2019, S. 7; Tote und Verletzte bei Präsidentschaftswahl, in: Spiegel Online, 28.09.2019.
[10] Corriere della Sera, Mailand, 30.9.2019.
[11] Vgl. Immer mehr US-Bomben auf Afghanistan, dpa, 21.1.2017.
[12] Vgl. Afghanistan: Immer mehr zivile Opfer, in: dpa, 17.10.2019.
[13] Vgl. Trump wirft „Mutter aller Bomben“, dpa, 14.4.2017.
[14] USA setzen erstmals größte nichtatomare Bombe ein, dpa und Spiegel Online, 13.4.2017.
[15] Ebda.
[16] Vgl. Größte US-Bombe tötet IS-Kämpfer in Afghanistan, in: Focus Online: https://www.focus.de/politik/ausland/verteidigung-usa-setzen-erstmals-groesste-bombe-ihres-arsenals-ein_id_6957205.html.
[17] Meier, Christian: Beschädigte Wahl, in: FAZ, 1.11.2019, S. 8.
[18] Vgl. Immer mehr US-Bomben auf Afghanistan, dpa, 21.1.2017.
[19] Vgl. Neue Afghanistan Strategie – Ändert Trump die Richtung? In: FAZ Online, aktualisiert am 21.8.2017.
[20] Vgl. Haase, Ansgar/Pointner, Nico: Zahl der deutschen Soldaten in Afghanistan soll steigen, dpa, 4.3.2018.
[21] Vgl. NATO berät schwierige Lage in Afghanistan, in: Augsburger Allgemeine, 9.11.2017.
[22] US-Außenminister besucht Afghanistan, dpa, 10.7.2018.
[23] The Guardian, London, 11.7.2018.
[24] Denkler, Thorsten/Kessler, Glenn: „Es ist deprimierend“ (Interview), in: Süddeutsche Zeitung, 2.7.2018, S. 23.
[25] The Guardian, London, 13.7.2018.
[26] Kornelius, Stefan: Der Rückfall, in: Süddeutsche Zeitung, 14./15.7.2018, S. 4.
[27] Baraki, Matin: Enttäuschte Hoffnungen oder doch eine Perspektive für Afghanistan? in: Henken, Lühr (Hrsg.): Spannungen, Aufrüstung, Krieg – und kein Ende? Kassel 2017, S. 216–217.
[28] Friedensmarsch in Kabul, dpa, 18.6.2018.
[29] Vgl. Für den Frieden, AFP, 18.6.2018; Junge Welt, Berlin, 19.6.2018.
[30] Heitz, Dominic: Der Kampf nach dem Kampf, in: Oberhessische Presse (OP), Marburg, 14.7.2018, S. 11.
[31] Vgl. Matern, Tobias: Ein paar Tage Atempause, in: Süddeutsche Zeitung, 12.6.2018, S. 8; Böge, Friederike: Drei Tage Hoffnung, in: FAZ, 18.6.2018, S. 8; Waffenruhe in Afghanistan, dpa, 15.6.2018; Böge, Friederike: Brüderliche Waffenruhe, in: FAZ, 18.6.2018, S. 2.
[32] Es wurde von Dschalaluddin Haqqani gegründet und wird seit 2014 von dessen Sohn Siradschuddin Haqqani angeführt, gehört zu den Taliban und ist mit Al-Qaida verbündet. Es wird vermutet, dass Siradschuddin Haqqani zur obersten Talibanführungsriege, der Quetta Shura, gehört und besonders enge Verbindungen zum pakistanischen Geheimdienst Inter-Services Intelligence (ISI) unterhält. Pakistan geht, mit Verweis auf seine ausgelasteten militärischen Kapazitäten, nicht gegen das Netzwerk vor. Der Hauptstützpunkt des Netzwerkes, eine Art Zwergstaat mit eigenen Gerichtshöfen, Steuerbehörde und Medressen, soll sich in der pakistanischen Stadt Miranshah befinden.
[33] „Sie sind unsere Brüder“, sagte eine Soldatin über die Taliban, zitiert nach: Böge, Friederike: Brüderliche Waffenruhe, in: FAZ, 18.6.2018, S. 2.
[34] Wenn Feinde nach dem Fasten feiern, in: Süddeutsche Zeitung, 18.6.2018, S. 7.